Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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Die Botschaft, die die Kirche weiterzugeben hat, ist Glaubensbotschaft. Daher erstreckt sich auch die Zuständigkeit des kirchlichen Amtes in erster Linie auf Fragen des Glaubens. Seine ureigene Aufgabe ist die Weitergabe und die Wahrung des Glaubens (vgl. LG 25).

Schon in der Frühzeit der Kirche wurde deutlich, daß in den Gemeinden eine Autorität notwendig war, auf die sich die Glaubenden verlassen konnten. In den Gemeinden des Neuen Testamentes trat diese Autorität nicht nur dadurch in Erscheinung, daß sie den Glauben mit Vollmacht bezeugte, sondern auch dadurch, daß sie Mißverständnisse aufklärte und Fehlentwicklungen abwehrte. Mit der Aufgabe, den Glauben zu bezeugen, war unvermeidlich die Aufgabe verbunden, Wahres von Falschem abzugrenzen.

An der Art und Weise, wie von den Ursprungszeiten des Christentums an die kirchliche Autorität ihr Amt ausübt, läßt sich die doppelte Aufgabenstellung der kirchlichen Autorität erkennen: Von ihrer prophetischen Aufgabe her muß sie zu jeder Zeit der Geschichte die Botschaft des Glaubens, wie sie in der Offenbarung enthalten ist, weitergeben. Dafür, daß diese Aufgabe vollkommen gelingt, gibt es keine Garantie; denn die Boten sind als Menschen begrenzt ebenso wie die Adressaten der Botschaft.

Zum anderen hat die kirchliche Autorität die Aufgabe, Abgrenzungen vorzunehmen, um eine Verfälschung des Evangeliums zu verhindern. Bei dieser Aufgabe geht es um die Wahrung der Identität der Kirche, der ein Bleiben in der Wahrheit bis ans Ende der Zeiten verheißen worden ist (Mt 28,20). Der Beistand des Heiligen Geistes garantiert für die Kirche das Bleiben in der Wahrheit (vgl. Joh 16,7-14).

In diesem Rahmen hat dann das Charisma der Unfehlbarkeit seinen eigentlichen theologischen Ort. Die Kirche besitzt nicht die Garantie der bestmöglichen Aussage des Glaubens in der jeweiligen Zeit, in die sie hineinspricht; aber sie besitzt die Garantie der Unfehlbarkeit, wenn es letztverbindlich um die Wahrung des Glaubensgutes und um die Abgrenzung gegenüber Verfälschungen geht. Glaubenssätze, die letztverbindlich vom kirchlichen Lehramt verkündet werden, sind nicht deshalb wahr, weil das Lehramt sie sagt, sondern sie sind wahr, weil ihr
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