Band I - Erster Teil Gott der Vater
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Ihre gegenseitige Liebe ist zugleich Dienst am Leben. In der Vereinigung von Mann und Frau darf der Mensch teilhaben am Schöpfertum Gottes. "Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch" (Gen 1,28). Diesen Auftrag zum Dienst am Leben haben die Eheleute, wie es dem Wesen der Liebe entspricht, in persönlicher, menschlicher und christlicher Verantwortung vor Gott und voreinander zu erfüllen (vgl. GS 50-51; FC).

3. Durch seine Sonderstellung steht der Mensch der übrigen Schöpfung gegenüber. Der Mensch soll und darf sich die übrige Kreatur dienstbar machen und sich ihrer erfreuen. Seine Herrschaft über die Welt bedeutet indes nicht die Freiheit zu willkürlicher und egoistischer Ausbeutung der Natur, sondern schließt Fürsorge und Verantwortung für das Leben ein. Die Bibel sieht die Herrschaft des Menschen über die Welt darin verwirklicht, daß der Mensch den Dingen und der Welt einen Namen gibt (vgl. Gen 2,19-20). Durch diese Namengebung anerkennt der Mensch die Dinge und die Tiere in dem, was sie sind, und er bringt sie damit zu sich selbst. Auch die übrige Kreatur hat ja ihren von Gott gegebenen Eigenwert und ihre Eigengesetzlichkeit, die der Mensch respektieren muß, will er seine Lebenswelt nicht zerstören.

4. Schließlich ist der Mensch das Wesen, das auch in Beziehung zu sich selbst steht. Die Bibel spricht in diesem Zusammenhang vom Herzen des Menschen. Damit ist nicht nur ein zentrales leibliches Organ gemeint; das leibliche Herz wird vielmehr als Symbol für die personale Mitte des Menschen verstanden. Es ist das Innere, der Ort, wo der Mensch Gott vernehmen, ihm gehorchen, sich ihm aber auch verweigern kann. In unserer Sprache können wir sagen: Das Herz ist das Selbst, die Person des Menschen. Personalität besagt, daß der Mensch bei und in aller Offenheit für Gott, die Menschen und die Welt bei sich selbst ist, so daß er je einmaligen Wert und je einmalige Würde in sich selbst besitzt und Verantwortung trägt für sein eigenes Tun und Lassen. Er hat nicht nur einen Außenraum; er ist in seinem Innern mit sich selbst beschäftigt und kann auf sich selbst reflektieren. Er kann über sich lachen, sich über sich ärgern, sich schämen, mit sich zufrieden oder unzufrieden sein. Wir kennen uns und die anderen Menschen erst, wenn wir wissen, was im Innersten vorgeht. Der
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