"Aber nur frei kann der Mensch sich zum Guten hinwenden." Diese Freiheit ist ein Zeichen der Gottebenbildlichkeit des Menschen. "Die Würde des Menschen verlangt daher, daß er in bewußter und freier Wahl handle, das heißt personal, von innen her bewegt und geführt und nicht unter blindem innerem Drang oder unter bloßem äußerem Zwang" (GS 17). Mit Recht wird diese Freiheit heute hoch geschätzt und leidenschaftlich erstrebt. Denn zur Würde des Menschen gehört seine freie Selbstbestimmung (Autonomie); der Mensch will und muß sein persönliches und gesellschaftliches Leben eigenverantwortlich selbst gestalten.
Diese Autonomie steht nicht im Gegensatz zur geschöpflichen Abhängigkeit des Menschen von Gott. Gott und Mensch verhalten sich nicht wie zwei Konkurrenten, wo man dem einen nimmt, was man dem anderen gibt. Die geschöpfliche Freiheit des Menschen ist vielmehr von der schöpferischen Freiheit Gottes getragen und ermächtigt. Als geschenkte Freiheit kann sie deshalb niemals absolute Freiheit sein. Wir erlangen unsere Freiheit nur dann, wenn wir uns aus der Knechtschaft unserer Leidenschaften befreien und unser Ziel in freier Wahl des Guten beharrlich verfolgen. Freiheit von innerer und äußerer Abhängigkeit ist nur durch Freiheit für das Gute möglich. Ihren höchsten Ausdruck findet sie dort, wo einzelne Christen und christliche Gemeinschaften, wie etwa Franz von Assisi und seine Ordensbrüder, ohne materielle Absicherung ganz im Vertrauen auf Gottes Fürsorge zu leben versuchen.
Auch die Lehre vom Wesen des Menschen enthält wichtige Impulse für das sittliche Handeln des Menschen:
Das Grundaxiom ist die größtmögliche Einheit und gegenseitige Durchdringung von Seele und Leib. Dies ist eine ständige Aufgabe. Der Mensch muß seine leiblichen Bedürfnisse ins Ganze seiner Person und ihrer Sinnperspektive integrieren, wie umgekehrt seinen Verstand und Willen in konkreten Taten realisieren und seiner Seele in Sport, Spiel, Kunst, Lebenskultur Ausdruck verleihen. Solche Körperkultur ist aber zu unterscheiden von Körper-, Gesundheits-, Schönheitskult. Es gilt, den Vorrang des Geistes zu wahren und sich um Weisheit, die alles auf das letzte Ziel des Menschen hinordnet, zu bemühen (vgl. 387 GS 15). Wo sich etwa die Sexualität verselbständigt und nicht mehr ins Ganze personaler Partnerschaft eingeordnet wird, wo Triebbefriedigung und Lustgewinn maßgebend werden, da kann von einer wirklichen Liebe nicht mehr die Rede sein. Sexuelle Betätigung ist vielmehr in dem Maße gut, als sie Ausdrucksgestalt der Liebe ist. Wie es eine geistfeindliche Leiblichkeit gibt, gibt es auch eine leibfeindliche Geistigkeit. Leider ist auch die Kirche, nicht in ihrer offiziellen Lehre, aber doch in ihrer pastoralen, pädagogischen und aszetischen Praxis dieser Leibfeindlichkeit nicht selten erlegen. Oft wurden die leiblichen Bedürfnisse und die Fähigkeiten des Menschen
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