Gott beziehen (I-III); auf der zweiten Tafel stehen jene Gebote, die das Verhältnis des Menschen zur menschlichen Gemeinschaft betreffen (IV-X). Die Künstler greifen dabei auf die biblische Erzählung zurück, nach der Mose den Dekalog von Gott auf zwei Tafeln erhielt (vgl. Ex 32,15; Dtn 5,22 u. ö.).
Die Zehn Gebote, schon vom Alten Testament selbst als "Zehn Worte" bezeichnet (vgl. Ex 34,28; Dtn 4,13; 5,22), werden zweimal überliefert. Sie stehen im Buch Exodus, Kapitel 20, und im Buch Deuteronomium, Kapitel 5.
Die biblischen Autoren haben dem Dekalog einen ausgezeichneten Ort zugewiesen: In Ex 20 eröffnet er die Erzählung von der Offenbarung Gottes am Sinai, in Dtn 5 wird er als eine Art zusammenfassende Vorwegnahme vor die anderen Gebote und Rechtssatzungen gestellt, die Israel für das Leben im Gelobten Land gegeben werden. Auch sagen die biblischen Autoren nur vom Dekalog, nicht aber von den anderen Geboten und Gesetzen, daß sie der Herr selbst ohne Vermittlung eines Menschen zu Israel geredet (vgl. Dtn 5,4) und daß er selbst sie auf die beiden Tafeln geschrieben hat (vgl. Ex 32,15f u. ö.). Die Bibel selbst sieht also in den Zehn Geboten eine Art Kurzformel der gläubigen Existenz vor Gott, und so konnte der Dekalog in der christlichen Tradition die Grundlage der ethischen Unterweisung werden.
Viele halten heute eine Orientierung des christlichen Lebens an den Zehn Geboten nicht mehr für möglich oder äußern Bedenken dagegen und sagen: Die Gebote sind Gotteswort in der menschlichen Sprache einer bestimmten Kultur; sie sind in ganz andere Zeit- und Lebensverhältnisse hinein verkündet worden und sprechen viele Probleme unseres heutigen Lebens gar nicht an. Kommt ihnen eine über die damalige Zeit und über die frühere semitische Gesellschaft hinausgehende ethische Verbindlichkeit überhaupt noch zu? Auch wendet man ein: Ist eine Moral, die sich an den Zehn Geboten orientiert, nicht eine Gebots- und Verbotsmoral, die in unzulässiger Weise die Freiheit beschränkt, zu der uns Jesus Christus befreit hat?
Damals wie heute geht es in den Geboten um die Sicherung eines Freiheitsraumes, der menschliches Leben ermöglicht; die Gebote schützen Werte und Güter des Menschen, wann und wo immer er lebt; in ihren Forderungen spiegeln sich sittliche Erkenntnisse
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