Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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"futurisch" zu lesen: Ich habe euch befreit, deshalb werdet ihr die Gebote halten!

Eine Erläuterung dieses Wortes bietet im Alten Testament der Prophet Hosea, der dem Volk das Wort Jahwes in Erinnerung ruft: "Ich aber, ich bin der Herr, dein Gott, seit der Zeit in Ägypten; du sollst keinen anderen Gott kennen als mich. Es gibt keinen anderen Retter außer mir" (Hos 13,4). Hosea erinnert an die Zeit der Unterdrückung in Ägypten. Hier war Gott der einzige, der Rettung und Befreiung brachte "aus dem Sklavenhaus". Er hat sich dieses Volk als Eigentum erwählt, er hat mit ihm einen Bund geschlossen und ihm für alle Zeiten seine Treue verheißen. Ihm, dem einzigen Retter und Befreier, kann und soll sich das Volk anvertrauen und keinen anderen Gott kennen als ihn allein.

Das Gotteswort des ersten Gebotes ist nicht ein Anspruch, wie ihn die furchterregenden Götter der Umwelt oder weltliche Herrscher erheben. Sie zwingen oftmals die Menschen unter ihr Joch, um über sie verfügen zu können. Der Anspruch des ersten Gebotes dagegen ist ein Anspruch, der aus der Liebe Gottes stammt (vgl. KKK 2061). Gott hat im Mitgehen mit dem Volk seine Liebe erwiesen. Darum kann und darf das Volk niemand als Gott anerkennen als den einzigen Gott, der sich den Menschen in Liebe zugesagt hat. Gott fordert diese ausschließliche Zustimmung; er weiß, daß wir nur in ihm unsere tiefste Sehnsucht nach Leben und Sinn erfüllt finden. Wer um diese Liebe weiß, wer an sie glaubt und ihr vertraut, bindet sich an keine Götter: "Gott allein genügt" (Theresia von Jesus). Darum heißt das erste Gebot eigentlich: Du wirst keine anderen Götter neben mir haben! Das bedeutet: Im Rahmen des Bundes mit mir wirst du keine anderen Götter anerkennen; du brauchst es gar nicht, denn du wirst immer wieder erfahren: Ich, Jahwe, allein genüge. Der Mensch ist auf Gott hin geschaffen. In dem einmaligen Verhältnis, das Gott zu jedem einzelnen Menschen hat, spricht er ihn mit "Du" an und ruft ihn zu sich. Er entscheidet sich für den Menschen und erwartet die entsprechende Entscheidung vom Menschen. So ist das erste Gebot das Grundgebot, das alle anderen Weisungen des Dekalogs trägt.

Der Gott der Bibel ist ein "eifernder" Gott (Dtn 5,9), denn er liebt den Menschen. Seine Liebe wirbt darum, daß der Mensch sich ganz dem einen und einzigen Gott ausliefert. Gott geht dem Volk immer wieder nach, wenn es zu fremden Göttern abfällt und so in sein Verderben läuft. Alle von Menschen erdachten oder von Menschenhand gemachten Götter können keinerlei sinnvolle Bedeutung für den Menschen haben:
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