verehrt. Schließlich begegnen wir ihr nochmals inmitten der Jerusalemer Urgemeinde im Gebet um das Kommen des Heiligen Geistes (vgl. Apg 1,14).
Wir können diese Erwähnung Marias im Neuen Testament nur verstehen, wenn wir sehen, daß Maria hineingehört in die lange Geschichte großer Frauengestalten im Alten Testament. Ganz am Anfang steht die Gestalt Evas: Nach Gottes Bild geschaffen, ist sie dem Mann ebenbürtig, mit ihm zusammen beauftragt, Gottes Herrschaft in der Schöpfung zu repräsentieren. Doch statt Gehilfin Adams zu sein, wird sie ihm zur Mitverführerin. Trotzdem gilt ihr die Verheißung, Mutter aller Lebenden zu sein (vgl. Gen 3,20). Diese Verheißung setzt sich fort. Sara wird aufgrund der Verheißung noch in hohem Alter ein Sohn, Isaak, geschenkt (vgl. Gen 18,10-14). Ähnlich geschieht es bei der Geburt des Simson (vgl. Ri 13) und des Samuel durch Hanna (vgl. 1 Sam 1). In allen diesen Geschichten schenkt Gott gegen alle menschliche Erwartung und Hoffnung immer wieder neues Leben, um so seine Verheißung wahrzumachen. Gott erwählt das Schwache und Ohnmächtige, um das Starke zu beschämen (vgl. 1 Kor 1,27). Deshalb beruft er in schwierigen Situationen des Volkes Israel Frauen zu Retterinnen Israels: Debora, Judit und Ester.
Maria hat in dieser Geschichte der Verheißung einen einmaligen Platz. Sie steht an der Stelle, da diese Verheißung ihre Erfüllung findet. Ihr Platz ist in der Fülle der Zeit, da Gott seinen Sohn sandte, "geboren von einer Frau" (Gal 4,4). Zu dieser Aufgabe spricht Maria das Ja des Glaubens (vgl. Lk 1,38). So ist sie die wahre Abrahamstocher, von der gilt: "Selig ist die, die geglaubt hat" (Lk 1,45). Deshalb wird sie bei der Ankündigung der Geburt Jesu mit den gleichen Worten angeredet wie im Alten Testament Israel, die Tochter Zion: "Sei gegrüßt!" (Lk 1,28), "Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich, und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem!" (Zef 3,14; vgl. Joël 2,23; Sach 9,9). Maria ist also die Tochter Zion, die Repräsentantin Israels in der Stunde der Erfüllung seiner Hoffnung.
Maria selbst faßt die neutestamentliche Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung zusammen in dem Loblied, das wir nach seinem lateinischen Anfangswort das Magnificat nennen (vgl. Lk 1,46-55). Es ist voller Anspielungen auf Texte des Alten
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