Gottes Willen sagt, als die Begnadete, die aus sich selber nichts, durch Gottes Güte aber alles ist. So ist Maria das Urbild der Menschen, die sich von Gott öffnen und beschenken lassen, der Gemeinschaft der Glaubenden, der Kirche" (S. 392-393).
Die katholische Kirche sieht in diesen gemeinsamen Aussagen über Maria eine tragfähige biblische Grundlage ihrer Marienverehrung und ihrer dogmatischen Aussagen über Maria. Dabei geht es nicht um wilde Wucherungen und isolierte Weiterbildungen eines, wie es scheinen könnte, bescheidenen biblischen Ausgangspunktes. Betrachtet man nämlich die neutestamentlichen Aussagen im Gesamtzusammenhang der Heilsgeschichte, dann wird verständlich, daß die Tradition der Kirche Maria als Typus, d. i. Urbild der Kirche, bezeichnet hat (vgl. LG 53; 63).
Durch ihren Glauben und durch ihre Verbundenheit mit Jesus Christus ist Maria ein anschauliches Bild des durch Jesus Christus erlösten Menschen. Sie verkörpert in einmaliger Weise, was Kirche und was Christus bedeuten. Maria ist indes nicht nur ein strahlendes Vorbild der Kirche, sie ist auch deren Urbild. Sie geht ja der Kirche voraus und macht sie erst möglich. Denn durch ihr Ja, das sie als erste und stellvertretend für alle spricht, wird sie zur Eingangstür Gottes in die Welt. Deshalb nennen die Kirchenväter Maria die neue Eva, die "durch ihren Gehorsam für sich und das gesamte Menschengeschlecht die Ursache des Heils" wurde. "So wurde auch der Knoten des Ungehorsams der Eva durch den Gehorsam Mariens gelöst" (Irenäus von Lyon).
Mit diesen Aussagen soll nichts davon weggestrichen werden, daß Jesus Christus allein das Heil aller Menschen ist. Maria ist nur die demütige Magd. Sie ist von Jesus Christus erlöst wie wir alle. Aber Gott will in der Erlösungstat das freie Ja seines Geschöpfes. Das Fiat, das Ja-Wort Marias, ihr "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast" (Lk 1,38), bringt programmatisch zum Ausdruck: Gott will einen Bund mit den Menschen schließen, in einen Dialog mit ihnen eintreten und ihnen seine Gemeinschaft und Freundschaft schenken. Die von Gott gnadenhaft ermöglichte Annahme des Heils durch Maria ist darum ein wesentliches Moment am Heilsgeschehen. Maria und ihr Ja gehören konstitutiv in die Vollendung der Heilsgeschichte hinein. Ohne Maria kann der volle
|