Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Ausdruck kommen. - Die kritische Anfrage, die in diesem Zusammenhang an uns zu stellen ist, lautet: Mit welchen Bildern und Statuen umgeben wir uns in unseren Kirchen und Wohnungen? Welche Bedeutung haben sie für unsere Gottesverehrung? - Für manchen, der keinerlei Beziehung zum Glauben hat, sind künstlerisch wertvolle Bilder, Statuen und Heiligenfiguren kaum mehr als ein repräsentativer Schmuck, der sein ästhetisches Empfinden anspricht, seinen Sinn für Kunst ausdrückt oder seinen Reichtum zur Schau stellt. Für den Glaubenden ist nicht der hohe künstlerische oder der Geldwert einer religiösen Darstellung ausschlaggebend; für ihn ist wichtig, daß die Darstellung Wahres aussagen will, daß uns durch sie Gott begegnet und sie uns hilft, unser Bewußtsein für die Gegenwärtigkeit Gottes in unserem Leben wachzuhalten. Von diesem Sinn her ist es angemessen, daß gläubige Menschen in ihren Wohnungen religiöse Bilder und Statuen haben, die Zeichen und Ausdruck ihres Glaubens und ihrer Gottesverehrung sind. Sie ersetzen nicht den Glauben, aber sie lassen auf ihre Weise deutlich werden, daß es viele Weisen der Verehrung Gottes gibt.

4.2. Vorstellungen von Gott in Theologie und Frömmigkeit

Das biblische Bilderverbot ist eine beständige Mahnung, uns keine fixierten Gottesvorstellungen zu machen. Alle unsere theologischen Aussagen über Gott sind nur Aspekte des unbegreiflichen und unsagbaren Gottes. Ist ein der Größe und Erhabenheit Gottes entsprechendes Denken und Vorstellen von Gott überhaupt möglich? Sollten wir nicht besser vor dem unendlichen Geheimnis Gottes ganz schweigen? Besteht nicht die Gefahr, daß wir falsche Vorstellungen und Bilder von ihm haben? Eines der ältesten Gebete in deutscher Sprache, das "Wessobrunner Gebet", lautet:
"Das erfragte ich unter den Menschen
als gewaltigstes Wunder:
Als Erde nicht war noch hoher Himmel,
noch Baum noch Berg nicht war,
noch Sonne nicht schien noch Stern,
noch Mond nicht leuchtete
noch das mächtige Meer,
als nirgends nichts war aller Enden und Wenden:
da war der eine allmächtige Gott,
der Herren mildester;
bei ihm viele Geister voll Herrlichkeit.
Doch eher als sie war der heilige Gott.

Allmächtiger Gott,
der du Himmel und Erde geschaffen
und den Menschen viel Gutes gegeben hast,
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