Band I - Zweiter Teil Jesus Christus
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Sinngehalt des Christusglaubens nicht gewahrt werden. Würde Maria aus dem Evangelium gestrichen, dann würde das Menschliche zur bloßen Verkleidung des in der Geschichte handelnden und sprechenden Gottes. In Maria dagegen wird die Würde des Geschöpfes vor Gott gewahrt.

Das II. Vatikanische Konzil sagt deshalb mit Recht: "Maria vereinigt, da sie zuinnerst in die Heilsgeschichte eingegangen ist, gewissermaßen die größten Glaubensgeheimnisse in sich und strahlt sie wider" (LG 65). An Maria wird offenbar, wer Jesus Christus ist und was er uns als Heil und Hoffnung bedeutet. Das ist ihre Größe und ihre Demut.

2. Maria, die Mutter des Herrn

2.1 Maria, die Mutter Gottes

Daß Maria die Mutter Jesu ist, wird uns im Neuen Testament an vielen Stellen bezeugt (vgl. Mt 1,18, 2,11.13.20; 12,46; 13,55; Joh 2,1; Apg 1,14). Die Weihnachtsgeschichte sagt sehr anschaulich, daß Maria Jesus wie jede andere Mutter neun Monate unter ihrem Herzen getragen und daß sie ihn, als ihre Zeit gekommen war, geboren hat (vgl. Lk 2,5-7).

Damit ist mehr gemeint als eine physische Mutterschaft und ein rein privates Verhältnis zwischen Jesus und ihr. Sie ist nicht nur leiblich Mutter des Herrn; zu ihrer Mutterschaft gehört wesentlich ihr Glaube. Denn bevor sie Jesus leibhaftig empfing, hatte sie ihn im Glauben aufgenommen und empfangen. Von ihr gilt nicht nur: "Selig die Frau, deren Leib dich getragen und deren Brust dich genährt hat", sondern noch mehr: "Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen" (Lk 11,27-28; vgl. 8,21). So hat schon Elisabet Maria als Glaubende gepriesen: "Selig ist die, die geglaubt hat" (Lk 1,45). Durch ihr Ja ist Maria als Mutter Jesu zugleich eine Gestalt der Heilsgeschichte. Deshalb gibt ihr Lukas den Ehrentitel Mutter des Herrn (vgl. Lk 1,43).

Die Verkündigungsgeschichte des Lukas sagt uns noch genauer, was dieses Muttersein bedeutet: nicht nur Mutter Jesu und Mutter des Herrn, sondern Mutter des Sohnes Gottes. "Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des
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