Band I - Zweiter Teil Jesus Christus
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Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin. Führe uns zu deinem Sohne, empfiehl uns deinem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne." (Gotteslob 32,3)
dieses Gebet drückt in schöner Weise aus: Als Mutter Gottes ist Maria auch unsere Mutter. Als unsere Mutter hat sie aber keine andere Aufgabe, als uns zu Jesus Christus, ihrem Sohn, zu führen. Denn als Mutter Jesu Christi ist sie Pforte des Heils für alle, die Jesus Christus angehören. Sie ist Mutter der Glieder des Leibes Christi, dessen Haupt Jesus Christus ist (vgl. LG 53). So trägt sie in mütterlicher Liebe Sorge für die Brüder und Schwestern ihres Sohnes, die noch auf der Pilgerfahrt und Gefahren und Bedrängnissen ausgesetzt sind. Deshalb wird sie "in der Kirche unter dem Titel der Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen" (LG 62).

Diese Überzeugung von der Fürbitte, der Hilfe und dem Beistand Marias ist aus dem Gebetsschatz der Kirche gar nicht wegzudenken. Das zeigt vor allem der Schluß des "Ave Maria", des bekanntesten aller Gebete zu Maria:
"Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes."
Was in der katholischen Gebets- und Liedtradition völlig selbstverständlich ist, das findet den Widerspruch der reformatorischen Christenheit. Evangelische Christen können Maria (und die Heiligen allgemein) durchaus als Vorbilder im Glauben verehren; sie lehnen es aber ab, sie um ihre Fürsprache und Hilfe anzurufen (vgl. CA 21). Nach katholischem Verständnis ist eine solche Anrufung grundsätzlich zu unterscheiden von der Anbetung, die einzig und allein Gott gebührt und niemals einem Geschöpf, also auch nicht Maria (vgl. LG 66). Die Anrufung bedeutet auch nicht, daß die Wahrheit von Jesus Christus als dem einzigen Mittler des Heils (vgl. 1 Tim 2,5-6) geleugnet oder auch nur verdunkelt werden soll. Schon der hl. Ambrosius sagte, die Fürbitte Marias nehme der Würde und Wirksamkeit des einen Mittlers nichts weg und füge ihr nichts hinzu. Die Fürbitte Marias hängt nämlich ganz von der Erlösungstat Jesu Christi ab und schöpft aus ihrer Wirkkraft (vgl. LG 61-62). Sie ergibt sich letztlich daraus, daß alle Glieder am Leibe Christi einander solidarisch sind. "Wenn darum
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