Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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4.3. Gottesbild, Gottes Ebenbild, Gottes Bild in Jesus Christus

Wir können den unendlich großen Gott niemals ergründen; er bleibt das Geheimnis, das nicht in Bilder, Worte und Vorstellungen eingefangen werden kann.

Die Heilige Schrift spricht in vielfacher Weise von Gott. Sie erzählt vom Weg Gottes mit den Menschen; sie spricht von Gott in außerordentlich farbigen und einander ergänzenden Bildern. Gott in ein festes Bild einzufangen wäre dem alttestamentlichen Gottesvolk als Frevel erschienen. Gott kann man nicht in Bildern, die von menschlichen Händen geschaffen sind, festmachen. Um so mehr spricht die Heilige Schrift in Worten und Vorstellungen von Gott, von dem Gott der Geschichte, der mit dem Volk den Weg seiner Befreiung, seiner Entbehrungen, seiner Verfehlungen und seiner Bekehrungen gegangen ist. Dieser Gott ist der lebendige Gott, der den Menschen mit "Du" anspricht. Nicht der Mensch macht Gott begreiflich, sondern Gott gibt durch sein Sprechen, seine Offenbarung und sein Handeln zu erkennen, wer er wirklich ist. Weil Gott mit dieser Anrede auf den Menschen zugeht und damit die Möglichkeit eines personalen Gegenübers eröffnet, erhält der Mensch die Möglichkeit und die Erlaubnis, den allmächtigen Gott mit "Du" anzureden.

Der sich offenbarende Gott begegnet uns personhaft. Wie anders könnte der Mensch von ihm sprechen, als er es auch sonst im Dialog mit Personen tut? Deshalb kann die Heilige Schrift in so unterschiedlichen Bildern, die Gleichnis- und Hinweischarakter haben, von Gott sprechen: Gott ist der eifernd Liebende, er geht den Menschen nach, er zürnt, ist traurig, rächt, zerstört, vernichtet, richtet wieder auf; Gott ist Vater, und er ist der mütterlich sich Erbarmende (Jes 49,15); er ist König und Hirt, er ist Weisheit und Wort; er läßt sein Antlitz über uns leuchten, "er hat uns in seine Hand geschrieben" (vgl. Jes 49,16). Alle diese Wortbilder, in denen wir von Gott sprechen, sind möglich, weil wir Gottes Ebenbild sind. Als Personen können wir in menschlichen Worten vom persönlichen Gott sprechen, und wir können zugleich von Gottes Bild im Menschen sprechen.

Am vollkommensten leuchtet das Bild Gottes in seinem menschgewordenen Sohn Jesus Christus auf. Er ist das "Ebenbild
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