Deshalb gehören nach katholischem Verständnis die Hochschätzung der Jungfräulichkeit und die Wertung der Ehe als Sakrament, d. h. als Heilszeichen, unlösbar zusammen.4. Maria, die Begnadete und Verherrlichte
Erst mit dem Thema der Begnadung und Verherrlichung Marias kommen wir zu den katholischen Mariendogmen im engeren Sinn. Es handelt sich um das Dogma von Maria, der unbefleckt Empfangenen (1854), und um das Dogma von Maria, der in die himmlische Herrlichkeit Aufgenommenen (1950). Der Sache nach sind diese Wahrheiten auch der Ostkirche vertraut; aber sie gehören dort mehr in den Bereich der Liturgie und der Frömmigkeit als in den des Dogmas. Anders verhält es sich mit den reformatorischen Kirchen. Sie können die Frömmigkeit achten, aus denen diese Dogmen erwachsen sind, aber sie können sie von ihren Voraussetzungen her kaum mitvollziehen. Beide Dogmen sind nur indirekt und einschlußweise in der Heiligen Schrift enthalten. Sie ergeben sich aus einer gläubigen Gesamtschau des biblischen Zeugnisses von Maria und ihrer Stellung in der Heilsgeschichte, aber nicht aus einzelnen Bibelworten. Verbürgt wird uns diese Deutung durch das Glaubenszeugnis und die Glaubenspraxis der Kirche. Es ist deshalb die Aufgabe von Verkündigung, Lehre und Unterweisung der katholischen Kirche, diese Dogmen nicht als Sondergut im Sinn von äußeren Zusätzen zum gemeinsamen Glauben, sondern als sachgerechten Ausdruck des gemeinsamen Christusglaubens verstehen zu lehren.
4.1 Maria als Zeichen der Begnadung
"Begnadete" ist ein Titel, der Maria schon im Neuen Testament zugesprochen wird (Lk 1,28). Sie ist "voll der Gnade", weil sie aufgrund von Gottes unergründlicher Erwählung Gnade bei ihm gefunden hat und weil sie sich im Glauben ganz auf Gottes Ruf eingelassen hat. Darin ist Maria zunächst ein Urbild jedes Erwählten, Glaubenden und Begnadeten. Sie sagt uns, daß Gott am Anfang jedes Menschen steht, ja daß er ihn von Ewigkeit her in seine Hand geschrieben und mit Namen gerufen hat. Gott umfaßt das Leben jedes Menschen mit unergründlicher erlösender Liebe. Indem er uns ins Dasein ruft, ruft er uns zugleich zur Gemeinschaft mit ihm.