Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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2.4. Das "Gebet des Herrn"

All unser Beten, unser Rühmen und Preisen, unser Loben und Danken, unsere Hingabe und unsere Klage und Bitte ist eine Ausfaltung jenes großen Gebetes, das Jesus seine Jünger gelehrt hat, als sie ihn baten: "Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat" (Lk 11,1). Dieses Gebet, das wir als "Gebet des Herrn" oder als "Herrengebet" bezeichnen, das "Vater-unser", ist als christliches Grundgebet (KKK 2759) in der Fassung üblich geworden, wie sie sich im Evangelium nach Matthäus findet (vgl. 6,9-13):
"Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen."
Das Vater-unser hat eine geschlossene Form. Nach einer feierlichen Anrede an Gott folgen sieben Bitten, drei Du-Bitten und vier Wir-Bitten. Gott wird mit "unser Vater im Himmel" angesprochen. Dabei soll Gott nicht etwa weit weg vom Menschen in den Himmel entrückt werden. Vielmehr soll zum Ausdruck gebracht werden: Über dem irdischen Vater gibt es noch einen himmlischen Vater. Seine Verläßlichkeit und Fürsorge ist zwar mit der eines irdischen Vaters grundsätzlich vergleichbar, aber es besteht eben ein himmelweiter Unterschied: "Wenn schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr euer himmlischer Vater!" (Mt 7,11). Zum anderen wird mit dem kleinen Wörtchen "unser" bereits in der Gebetsanrede eine Gebetsgemeinschaft hergestellt. Wer das Vater-unser betet, betet in der Glaubensgemeinschaft mit anderen.

In den drei Du-Bitten kommt die Sache Gottes zur Sprache: sein Name, sein Reich, sein Wille.

Im antiken Denken steht der Name für die Person selbst, sagt ihr Innerstes aus. Deshalb geht es beim Namen Gottes auch um seine Person, seine Wirkkraft - soweit sie von Menschen erfahrbar
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