ist. Beim "Namen Gottes" denken wir sofort an die Geschichte von Mose vor dem brennenden Dornbusch, wo Gott seinen Namen in einem Tätigkeitswort ausgesprochen hat: Jahwe = Ich bin für euch da (Ex 3,14). Wenn die Gemeinde im Vater-unser darum bittet, daß Gottes Name geheiligt wird, dann geht es zwar auch darum, daß wir wünschen, alle Menschen möchten Gottes Namen Ehre erweisen, aber in erster Linie geht es darum, daß Gott in seinem Gottsein, als "alles über und in allem" offenbar werde und dadurch in seiner Größe und Erhabenheit anerkannt werden möge. Gott selbst soll dafür sorgen und auch selbst dafür die Initiative ergreifen, daß er bei den Menschen Anerkennung, Huldigung usw. erfährt.
Das genau ist auch der Grundgedanke der zweiten Bitte: "Dein Königreich soll kommen." Auch hier ist die Initiative allein bei Gott. Menschen können nur darum beten, daß Gott endgültig die Königsherrschaft ergreift.
Wie die dritte Bitte zum Ausdruck bringt, wird Gott dann König sein, wenn sein Wille geschieht - im Himmel, nach dem antiken Weltbild dort, wo der Hofstaat Gottes ist, also in seiner direkten Umgebung - und auf Erden, also dort, wo die Menschen leben. Für die matthäische Gemeinde nimmt der Wille Gottes ganz konkrete Züge an: Damit sind "Gesetz und Propheten" gemeint, wie sie Jesus in der Bergpredigt letztgültig ausgelegt hat (Mt 5,17; vgl. 22,40).
Im Grunde geht es in allen drei Du-Bitten um das gleiche: daß Gott sich in der Welt durchsetzt. Es geht um seinen Weg für und mit uns Menschen. Gott hat dabei den absoluten Vorrang. Weil die Gemeinde mit Jesus überzeugt ist, daß es für den Menschen nichts Besseres geben kann, bittet sie darum, daß Gott selbst die von ihm gewollte Zukunft für die Welt und für die Menschen herbeiführt. Vom Mittun der Menschen ist dabei nur sekundär die Rede, etwa vom Tun seines Willens - als Konsequenz der Tatsache, daß Gott als König herrscht. Die Gemeinde bemüht sich jetzt schon, entsprechend der Bergpredigt, also dem Willen Gottes gemäß, zu leben. Damit wechselt die Perspektive des Gebetes auf die Seite der Menschen.
In den sich anschließenden vier Wir-Bitten kommt die Sache der Menschen zur Sprache: ihre alltäglichen Bedürfnisse und Nöte.
|