von den Menschen verfolgten unschuldig leidenden Gerechten; er sieht Jesu Schicksal in dem Leidenspsalm 22 vorgezeichnet. Von besonderer Bedeutung wurde das vierte Lied vom leidenden Gottesknecht im Jesajabuch (vgl. Jes 52,13-53,12), das vom Neuen Testament als auf Jesus Christus gerichtete Weissagung gedeutet wurde. So kann Paulus im Tod Jesu die unergründliche Liebe Gottes erkennen, der selbst seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns dahingegeben hat (vgl. Röm 8,32.39; Joh 3,16), um in ihm die Welt mit sich zu versöhnen (vgl. 2 Kor 5,18-19). Das Kreuz ist das Äußerste der sich selbst entäußernden Liebe Gottes.
2.2 Jesu stellvertretender Sühnetod
Der Hingabe Jesu durch Gott entspricht als Antwort Jesu eigene gehorsame Hingabe an den Willen des Vaters "für uns". Diese Deutung des Todes Jesu als stellvertretende Lebenshingabe führt uns in die innerste Mitte des neutestamentlichen Zeugnisses.
Dieser Gedanke ist freilich für uns zunächst nicht leicht nachvollziehbar. Deshalb ist es hilfreich, daran zu erinnern, daß der Stellvertretungsgedanke eine menschliche Grundgegebenheit, nämlich die solidarische Verbundenheit aller Menschen, aufgreift. Die Bibel nimmt diesen Gedanken auf und macht ihn in neuer Weise zu einem Grundgesetz der gesamten Heilsgeschichte: Adam handelt als Repräsentant der ganzen Menschheit und begründet die Solidarität aller in der Sünde, Abraham wird als Segen für alle Geschlechter berufen (vgl. Gen 12,3), Israel als Licht für die Völker (vgl. Jes 42,6). Die Heilige Schrift konkretisiert diese Idee durch den Gedanken vom stellvertretenden Leiden, der sich schon im vierten Gottesknechtlied findet.
"Er hat unsere Krankheit getragen
und unsere Schmerzen auf sich geladen...
Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen,
wegen unserer Sünden zermalmt.
Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm,
durch seine Wunden sind wir geheilt...
Denn er trug die Sünden von vielen
und trat für die Schuldigen ein."
(Jes 53,4-5.12)