Band I - Zweiter Teil Jesus Christus
Seite 188 Seite: 189 Seite 190
Der für die Bibel so zentrale Stellvertretungsgedanke ist besonders geeignet, um im Glauben verständlich zu machen, wie der Tod Jesu für uns Heilsbedeutung haben konnte. Die Folge der Solidarität der Menschen in der Sünde war ja die Solidarität aller im Todesschicksal. Darin zeigt sich vor allem die heil- und hoffnungslose Situation des Menschen. Indem nun Jesus Christus, die Fülle des Lebens, mit uns im Tod solidarisch wird, macht er seinen Tod zur Grundlage einer neuen Solidarität. Sein Tod wird nun für alle, die unter dem Schicksal des Todes stehen, zur Quelle neuen Lebens.

Wie die Abendmahlsberichte zeigen, geht die Deutung des Todes Jesu als stellvertretendes Leiden und Sterben im Kern auf Jesus selbst zurück. Das zeigt auch das sehr alte Wort:
"Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele." (Mk 10,45)
Die Deutung des Todes Jesu als stellvertretendes Leiden ist bereits in die älteste Gemeindeüberlieferung eingegangen (vgl. 1 Kor 15,3), und sie wird im Neuen Testament immer wieder aufgegriffen und vertieft (vgl. Joh 10,15; 1 Joh 4,10; 1 Petr 2,21-25, 1 Tim 2,6 u. a.). In besonderer Weise hat Paulus den Stellvertretungsgedanken aufgenommen und sogar von einem Platztausch zwischen Jesus Christus und uns gesprochen. Er geht so weit zu sagen, Jesus Christus sei für uns zum Fluch (vgl. Ga13,13), ja, er, der Sündlose, sei für uns zur Sünde gemacht worden, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden (vgl. 2 Kor 5,21).
"Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen." (2 Kor 8,9)
Dieser Gedanke vom "wunderbaren Tausch" wurde von den Kirchenvätern immer wieder aufgegriffen und variiert. Irenäus von Lyon sagt um das Jahr 200 von Jesus Christus: "der wegen seiner unendlichen Liebe das, was wir sind, geworden ist, damit er uns vollkommen zu dem mache, was er ist". Nach Irenäus hat Jesus Christus als der neue Adam das ganze Menschengeschlecht in sich zusammengefaßt und es wieder mit Gott vereinigt.
Seite 188 Seite: 189 Seite 190