Band I - Erster Teil Gott der Vater
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sich aus. Besonders junge Menschen spüren eine entsetzliche Leere. Produktion, Konsum, Wohlstand allein lösen längst nicht alle Probleme. Der Mensch braucht zwar Brot zum Leben, und es ist ein Ärgernis, daß viele kein oder nicht genügend Brot zum Leben haben, während andere Probleme mit den Folgen ihres Überflusses haben. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein, auch nicht allein von der Arbeit, vom Vergnügen oder vom Protest. Der Mensch ist mehr. Er braucht Liebe, Sinn und Hoffnung. Er will nicht nur mehr haben, sondern auch mehr sein. So zwingt uns unsere Situation, neu, ursprünglicher und tiefer über Grund und Ziel des Menschseins nachzudenken.

3. Religionen und Religionskritik

3.1 Die Antwort der Religionen

Jahrtausendelang gaben die Religionen den Menschen eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn ihres Lebens. Diese Antwort ist nicht primär eine Theorie. Sie drückt sich aus im gesamten Leben, in Riten und Gebräuchen, in Gebeten und Liedern, in Erzählungen, Symbolen, Bildern, Festen, Kunstwerken und Ämtern. Sie wirkt sich aus in der gesamten Lebensgestaltung, in Sittlichkeit und Recht eines Volkes und begleitet das gesamte Leben des einzelnen von der Geburt bis zum Tod. Im einzelnen gibt es sehr verschiedene Religionen. Neben den archaischen Stammesreligionen, wie wir sie bis heute etwa in Afrika finden, gibt es Hochreligionen, die hohe Kulturen hervorgebracht haben (Hinduismus, Buddhismus, Konfuzianismus). Sie sind etwa gleichzeitig mit dem Alten Testament vor allem in Asien entstanden und dort bis heute lebendig. Andere Hochreligionen, wie die der Inka in Amerika, wurden zerstört. Die einzige große nachchristliche Religion ist der Islam, dem wir vor allem in Nordafrika und Vorderasien begegnen. Durch Gastarbeiter, ausländische Studenten u. a. sind diese Religionen heute auch in unserem Bereich vertreten.

So unterschiedlich die Religionen auch sind, sie kommen in einem gemeinsamen Anliegen überein: Sie machen Ernst damit, daß sich der Mensch eine Frage ist, auf die er selber keine Antwort geben kann. In der Religion erfährt sich der Mensch vielmehr ergriffen und getragen von einer höheren und umfassenderen
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