Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Dienstleistungen usw.). Ein Beispiel für ein solches Gelübde ist das Versprechen Jakobs, Gott für den Fall eines guten Geleites ein Heiligtum zu erbauen und den Zehnten zu entrichten (vgl. Gen 28,20 ff).

In der gesamten christlichen Tradition sind Gelübde als besondere Akte der Gottesverehrung hoch geachtet. Auf dem Konzil von Trient verteidigt die Kirche die Gelübde gegen die Reformatoren (Luther, Calvin). Heute ist auch in einigen evangelischen Gemeinschaften das Gelübde wieder zu Ehren gekommen.

Jedes Gelübde hat sittliche Konsequenzen. Diese betreffen den Verpflichtungscharakter und die Gültigkeit von Gelübden. Wer ein Gelübde ablegt, ist sittlich verpflichtet, es auch zu erfüllen. Diese Verpflichtung trifft nur zu, wenn das Gelübde gültig ist. Dazu müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein: Erstens muß der Gelobende die persönliche Reife und ein ausreichendes Wissen über das haben, was er gelobt. Zweitens muß er die feste Absicht haben, wirklich ein verpflichtendes Gelöbnis abzulegen. Drittens muß er das Gelübde in Freiheit, das heißt ohne Furcht und Zwang, ablegen. Viertens darf er nur etwas geloben, was für ihn erfüllbar und was sittlich gut ist.

Diese sittlichen Normen werden durch kirchenrechtliche Bestimmungen bestätigt und ergänzt (vgl. CIC, can. 1191-1198).

4.2. Eid

Die Tatsache, daß es in der Tradition des Alten Bundes wie in der christlichen Kirche den Eid oder Schwur gibt, zeigt, daß dem Eid über die bloß gesellschaftliche Bedeutung hinaus ein hoher religiöser Wert zukommt. Der religiöse Eid, in welchem man Gott zum Zeugen der Wahrheit einer Aussage (Aussageeid) oder der Ehrlichkeit eines Versprechens (Versprechenseid) anruft, gilt als eine besondere Form der Gottesverehrung. Wer sich im Eid auf Gott beruft, will sein Gebundensein an Gott bekunden und sich Gottes Gericht unterstellen. Deshalb wurde Meineid, das heißt falsches Schwören, in Israel streng verurteilt (vgl. Ex 20,7; Lev 19,12; Ez 16,59; 17,13-21), und deshalb erhoben auch die Propheten schwere Klage über den Verfall des Eides (vgl. Jer 5,2; 7,9; Sach 5,3f; Mal 3,5). Immer wieder wird behauptet, das Schwören widerspreche den Forderungen des Neuen Testamentes. Jesus sagt in der Bergpredigt: "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; was darüber ist, ist vom Bösen" (Mt 5,37; vgl. Jak 5,12). Dieses Wort richtet
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