ethische Grundfrage. Es geht darum, was zu tun ist, damit das Menschsein gelingt, das heißt ein in sittlichem Sinne gutes Menschsein wird. Wer sollen wir sein und was sollen wir tun, damit wir in Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit und Liebe unserer Menschenwürde entsprechen und zur Humanisierung des Lebens in der Welt beitragen können?
Wir erfahren die Antwort auf die ethische Grundfrage im Grundgesetz der Sittlichkeit, das sich uns im Gewissen als sittlicher Anspruch kundtut.
"Im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muß und dessen Stimme ihn immer zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen aufruft und, wo nötig, in den Ohren des Herzens tönt: Tu dieses, meide jenes" (GS 16).
Das Gewissen ist somit zum einen der urtümliche Ort, an dem wir erfahren, daß wir in unserer Freiheit beansprucht sind. Zum anderen wird uns im Gewissen kund, wozu wir in unserer Freiheit aufgefordert sind: zum Tun des Guten und zum Meiden des Bösen. Diese Forderung stellt sich als unabdingbare Sollensforderung an jeden Menschen. Sie wird sittliches Naturgesetz oder natürliches Sittengesetz genannt, "weil die Vernunft, die es verkündet, zur menschlichen Natur gehört" (KKK 1955). "Das Gesetz der Natur ist nichts anderes als das von Gott in uns hineingelegte Licht der Vernunft. Durch es erkennen wir, was zu tun und was zu meiden ist. Dieses Licht und dieses Gesetz hat Gott dem Menschen in der Schöpfung gegeben" (Thomas von Aquin, dec. praec. prol.; KKK 1955). Es "ist in seinen Vorschriften allgemeingültig, und seine Autorität erstreckt sich auf alle Menschen. Es bringt die Würde der Person zum Ausdruck und bestimmt die Grundlage ihrer Grundrechte und -pflichten" (KKK 1956; vgl. VS 35-53).
Im Zusammenhang mit diesem Anspruch an unsere Freiheit sowie mit der Forderung nach dem guten und richtigen Handeln und Verhalten begegnen wir in der Alltagssprache, aber auch im philosophischen und theologischen Sprachgebrauch immer wieder solchen Begriffen wie Ethos, Ethik, Moral, Moraltheologie und Sittlichkeit.