Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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machen. "Je mehr man das Gute tut, desto freier wird man. Wahre Freiheit gibt es nur im Dienst des Guten und der Gerechtigkeit. Die Entscheidung zum Ungehorsam und zum Bösen ist ein Mißbrauch der Freiheit und macht zum Sklaven der Sünde" (KKK 1733).

Freiheit als sittlich beanspruchte Freiheit erfahren wir auch in der Erkenntnis unserer leiblichen Begrenztheit und Endlichkeit sowie in der Unausweichlichkeit von Leid, Unglück, Krankheit, Sterben und Tod. Vieles von dem, was uns als Schicksal trifft, können wir nicht begreifen. Auf die Frage nach dem Warum und Wozu haben wir oft keine befriedigende Antwort. Hier versagen alle großen Worte, alle einfachen Erklärungen und vordergründigen Tröstungen; hier gerät oft auch die Freiheit an eine Grenze, die eine Entscheidung kaum noch zuläßt. Aber selbst das Ertragen und Hinnehmen kann hier noch aus jener freien Grundentscheidung leben, die durch alle Begrenztheit und Endlichkeit durchträgt und auch im Leiden und Sterben nicht zurückgenommen wird.

Eine letzte wichtige Erfahrung von Freiheit als Voraussetzung und Anspruch der Sittlichkeit ist schließlich die Erfahrung des Versagens, der Sünde, der Schuld und der Vergebung. In ihnen leuchtet der Anspruch der sittlichen Freiheit in besonderer Weise auf. Sünde, Schuld und Vergebung lassen uns erfahren: Unsere Freiheit, in der wir zum Guten berufen sind, kann sich auch in Entscheidungen zum Bösen verfehlen; in unseren persönlichen Freiheitsentscheidungen können wir versagen und schuldig werden; unsere Entscheidungen haben schwerwiegende gute oder schlechte Folgen für uns und andere; sie können gerechte und ungerechte Strukturen und Institutionen schaffen. Die Geschichte des einzelnen Menschen wie der Menschheit ist nicht nur eine Geschichte gelungenen Menschseins, sondern auch eine Geschichte der Schuld, die der Umkehr und der Vergebung bedarf. Voraussetzung für sittliches Versagen wie für das Entstehen von Strukturen, in denen die Sünde sich verfestigt hat, ist immer die menschliche Freiheit, in der wir zum Guten berufen sind und oft doch das Böse tun (vgl. KKK 1739).

Zusammenfassend können wir sagen: Der Mensch besitzt die Entscheidungsfreiheit als beanspruchte Freiheit und ist so für sein Tun und Lassen verantwortlich. Er erfährt im Gewissen den unbedingten Anspruch, das Gute zu tun und das Böse zu
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