II. Die Antwort in der Bibel
1. Ruf Gottes und Antwort des Menschen im Alten Bund
1.1. Gottes Ruf und des Menschen Verweigerung
Wie andere Völker sucht auch das Volk des Alten Bundes nach sittlichen Einsichten und Orientierungen, deren Befolgung das Leben des Menschen gelingen läßt. Die Erforschung der Geschichte Israels macht deutlich, daß das Gottesvolk wesentliche Einsichten über sittlich richtiges Handeln mit allen Völkern seiner Umwelt teilt. Mehr noch: Manches, was sich im Alten Testament an weisheitlicher Weisung, an sittlicher Botschaft der Propheten, an Geboten und Gesetzen findet, hat Israel von anderen Völkern gelernt und übernommen. Die Weisung des Alten Testaments, daß man nicht morden darf, den Besitz des anderen achten muß, vor Gericht kein falsches Zeugnis gegen seinen Nächsten ablegen darf, daß man die Eltern ehren soll und vieles mehr findet sich in ähnlicher Weise auch bei anderen Völkern; es entspricht der menschlichen Einsicht in richtiges Handeln überhaupt.
Anders als andere Völker sieht Israel jedoch den letzten Grund und Bezugspunkt seiner sittlichen Weisung weder im Menschen selbst noch in einer Welt- oder Götterordnung, sondern im Willen Gottes, der der einzige Gott und zugleich der Schöpfer der Welt und des Menschen ist. Alle "Gebote und Rechtssatzungen" sind darum für Israel Weisungen und Gebote des Herrn, woher ihre Einsichten und Inhalte auch immer stammen mögen. Dadurch ist alles, was recht und gut ist, der Verfügbarkeit durch Menschen entzogen. Was immer an Weisheit der Weltvölker in die ethische Unterweisung Israels eingegangen ist: Als Gebot und Weisung Gottes ist es die "bessere Weisheit Israels", die insofern "besser" ist, als sie nicht mehr nur "Menschenweisheit" ist, sondern Gottes Weisheit. An seine Gesetze und Rechtsvorschriften soll Israel sich halten: "Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennenlernen, müssen sie sagen: Diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk. Denn welche