Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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vor sich selbst und vor den anderen getragen sind. Die Jugendlichen selbst sind aufgerufen, verantwortliche Lebensstile und Formen der Solidarität mit dem Partner einzuüben, die der sittlichen Orientierung des sechsten Gebotes entsprechen.

Für alle Menschen, ob Jugendliche oder Erwachsene, gilt im Hinblick auf die Bedrohung durch Aids die Goldene Regel: "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu!", sowie das Gebot der Nächstenliebe, das insbesondere zum Dienst an denen aufruft, die leiden. Solche Liebe kann denen, die an der Unabänderlichkeit ihres Schicksals leiden, ein Zeugnis der christlichen Hoffnung sein, daß das Leben letztlich über den Tod triumphiert. "Solange mir Gott die Stimme läßt, werde ich gegen den Lebenswandel, der zu Aids führt, auftreten, und solange mir Gott die Kraft gibt, werde ich die Aidskranken pflegen mit der Liebe, die er mir gibt" (Mutter Teresa).

3.3. Selbsttötung

Selbsttötung (lateinisch: suicidium) als Akt, durch den sich ein Mensch das Leben nimmt, gibt es bei allen Völkern und zu allen Zeiten. Immer stellte sich die Frage, ob es sittlich erlaubt sein kann, um höherer Güter willen das Übel der Lebensvernichtung nicht nur hinzunehmen, sondern es durch Selbsttötung direkt zu verursachen. Ist Selbsttötung in jedem Fall ein ethisch abzulehnender Selbstmord? Sind wir nicht grundsätzlich berechtigt, freiwillig aus dem Leben zu gehen?

Heute mehren sich die Stimmen, die vom Recht auf den Tod und von Freiheit zum Tod sprechen. Sie sagen: Der Mensch ist das Wesen der Freiheit. Er gehört sich selbst und ist folglich auch berechtigt, über sich selbst zu verfügen und sein Leben zu vernichten, wenn er auf diese Weise einem Leben ohne Würde, Menschlichkeit und Freiheit zu entrinnen vermag. Ähnlich wie in der Antike für die Stoiker, die den Suizid verherrlichten, wird auch heute wieder die Auffassung vertreten, der Freitod sei als höchster Akt der Freiheit anzusehen; er sei ein Triumph der Freiheit über jede Fremdbestimmung. - Ähnlichen Argumenten begegnen wir auch, wenn gesagt wird: Man hat mich nicht gefragt, als ich zur Welt kam, ob ich leben wollte; so hat mich auch niemand zu fragen, ob und wie lange ich in der Welt bleiben will.

Andere dagegen halten es nicht für möglich, ein sittliches Recht auf Totalverfügung über das eigene Leben zu rechtfertigen. Sie sagen, wer meine, er bringe in der Selbsttötung die Freiheit zu höchster Vollendung, verkenne, daß er dadurch ja gerade die Freiheit an ihr Ende bringe. Ein ethisches Abwägungsurteil führe zu der Konsequenz, daß länger gelebte Freiheit im Vergleich zu vorzeitig vernichteter Freiheit den Vorzug verdiene.
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