Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Die Sorge darum, daß aus ihrer Ehe möglicherweise Kinder hervorgehen, die genetisch bedingte Schäden aufweisen, stellt manche bereits vor der Zeugung vor schwerwiegende Entscheidungen. Junge Menschen, die eine Ehe eingehen möchten und feststellen, daß einer oder beide Partner oder auch Mitglieder ihrer Familie genetisch bedingte Erbschäden oder Mißbildungen aufweisen, stehen vor der Frage, ob sie überhaupt eine Ehe eingehen sollen, ob sie es in einer Ehe verantworten können, Kinder zu zeugen, und ob sie bereit wären, auch ein geschädigtes Kind anzunehmen und aufzuziehen. Ähnlich stehen Eltern, aus deren Ehe bereits ein krankes oder mißgebildetes Kind hervorgegangen ist, vor der Frage, ob sie wegen der möglicherweise zu erwartenden erblichen Schädigung die Zeugung eines weiteren Kindes verantworten können.

Moderne Methoden der genetischen Diagnostik (Genanalyse) und Beratung bieten solchen Ratsuchenden die Möglichkeit, Auskunft über die Wahrscheinlichkeit erbkranken Nachwuchses zu erhalten. Ziel der genetischen Beratung ist in erster Linie die Information; die Entscheidung darüber, ob sie ein Kind verantworten können, müssen die Partner selber fällen.

Vom ethischen Standpunkt her ist es höchst angemessen, daß bei familiären erblichen Belastungen bereits vor der Heirat um eine genetische Diagnostik nachgesucht wird. Das Wissen um ein hohes Risiko kann zu dem verantwortbaren Entschluß führen, trotzdem eine Ehe einzugehen. Er darf dann aber nicht die Entscheidung enthalten, ein in dieser Ehe empfangenes Kind nur dann auszutragen, wenn keine Schädigungen festgestellt werden.

Ebenso ist die genetische Beratung für Eltern zu empfehlen, aus deren Ehe bereits ein geschädigtes Kind hervorgegangen ist und die sich ein weiteres, gesundes Kind wünschen. Eltern, die mit der Möglichkeit einer Schädigung auch bei weiteren Kindern rechnen müssen, dürfen aber das Austragen der Schwangerschaft nicht von der Bedingung abhängig machen, daß das Kind auch wirklich gesund ist.

Diese sittliche Orientierung gründet darin, daß jedem menschlichen Leben, auch dem geschädigten und behinderten, der Lebenswert von Gott her zukommt und nicht in die Verfügung des Menschen gestellt ist.
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