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Das alttestamentliche Gottesvolk gründet seine ganze Existenz in der gnadenhaften Auserwählung Gottes. Im "Bund des Friedens" (Num 25,12; Jes 54,10; Ez 34,35) erfährt Israel sein Heil als Geborgenheit und Sicherheit (Ps 91; vgl. Ps 57,2; 36,8; 63,8). Gott hält seine Hand über das Volk. "Ich gehe in eurer Mitte; ich bin euer Gott" (Lev 26,12). Er gewährleistet Frieden als Frieden mit Gott, als Frieden im Volk und als Wohlergehen des Volkes in Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit. Diesen Frieden meinen die Menschen, wenn sie einander "Schalom" wünschen. Schalom als Friede ist Gabe Gottes und zugleich Aufgabe der Menschen; Schalom ist "Werk der Gerechtigkeit" (Jes 32,17), Einhalten der Lebensordnung Gottes, Halten seiner Gebote, die er seinem Bund als Ordnung des Rechts und der Sittlichkeit eingestiftet hat. Schalom gipfelt in der Forderung: "Meide das Böse, und tu das Gute; suche Frieden, und jage ihm nach!" (Ps 34,15).
Israel, das als "Zeuge für die Völker" (vgl. Jes 52,7) den Frieden weitergeben sollte, hat in dieser seiner Bestimmung immer wieder versagt, indem es sich auf die eigene Stärke verließ, statt auf Gott zu vertrauen (Jes 7,1-9; 30,1-4; Jer 37,10). Aber trotz der Untreue des Volkes hält Gott an seiner Verheißung fest. "Am Ende der Tage wird es geschehen", daß alle Völker zum Berg des Herrn ziehen. Dann spricht er "Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg" (Jes 2,2-4; vgl. Mi 4,3). Die Friedensvision der Propheten verbindet sich mit der Erwartung eines königlichen Heilbringers, mit dem Gott ein Zeitalter des Friedens einleiten wird (vgl. Jes 9,3f). Er erhält u.a. den Titel "Fürst des Friedens" (Jes 9,5), "eines Friedens ohne Ende" (Jes 9,6). Seine Ära wird (Jes 11,6-9) mit dem Bild vom endzeitlichen "Tier-Frieden" vergegenwärtigt. Er selbst wird "der Friede" (Mi 5,4) sein.
Das neutestamentliche Evangelium vom Frieden klingt schon im Engelsgesang auf dem Hirtenfeld in Betlehem auf: "Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade" (Lk 2,14). Der Friede, der im Alten Testament ersehnt wird, erfüllt sich jetzt im Kommen des Retters, des Messias Jesus (Lk 2,11). Dieser Friede ist ein Gnadengeschenk Gottes, das Jesus den Menschen vermitteln will. Dazu gehört zuerst die von Gott gewährte Versöhnung (vgl. 2 Kor 5,18), die Befreiung von Sünde und Schuld (Lk 7,50), doch darüber hinaus alles, was mit der hereinbrechenden Herrschaft Gottes unter den Menschen Wirklichkeit wird und werden soll. Jesus ist der Friedensbringer (Eph 2,14), der die bisher getrennten Menschheitsgruppen (Juden und Heiden) mit Gott und untereinander versöhnt hat (Eph 2,17f). So soll sich der von Christus gebrachte Friede in der Menschheit auswirken. Jesus preist die Friedensstifter selig; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden (Mt 5,9). Wer Gott in seinem Friedenswillen nachahmen will, muß bereit sein, sich mit dem Gegner zu versöhnen (vgl. Mt 5,25), auf Gewalt zu verzichten (Mt 5,43-48), ja die Feinde zu lieben und für die Verfolger zu beten (Mt 5,43-48).
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