Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Die Urkirche sah diese Forderungen Jesu auf höchste Weise in ihm selbst erfüllt, der "geschmäht wurde, aber nicht schmähte, der litt, aber nicht drohte" (1 Petr 2,23). Dem Beispiel seines Herrn folgend, betet Stephanus, der erste Blutzeuge, für seine Verfolger (Apg 7,59f). Die Friedensgesinnung, die sich in Taten der Versöhnung und Liebe erweisen soll, hat sich der Urkirche als Vermächtnis Jesu tief eingeprägt.

Der Utopie eines irdischen, in der Geschichte erreichbaren universalen Friedensreiches, als könnten Menschen ein solches schaffen, ist die Urkirche nicht erlegen. Aber sie wollte im Geist Jesu, nach seiner Weisung und seinem Vorbild alle Kraft darauf verwenden, den Frieden Gottes unter den Menschen und in der Völkergemeinschaft zu verbreiten. Die in der Botschaft Jesu liegende Verheißung eines "Friedens auf Erden" wird sich erst in der kommenden Welt Gottes ganz erfüllen, wenn die Gewalten des Bösen endgültig besiegt sind und das Reich Gottes in seiner Herrlichkeit erscheint (vgl. Offb 21).


Als Glaubende wissen wir, daß mit dem Kommen Jesu Christi der Friede Gottes als "Gerechtigkeit Gottes" schon gegenwärtig ist. Wenn wir uns durch den "Dienst der Versöhnung" (2 Kor 5,18) mit Gott versöhnen lassen und so in seinem Frieden leben, können wir das "neue Gesetz" der Liebe und die "neue Gerechtigkeit" erfüllen. Wir sollen in der Nachfolge Christi und im Geist der Brüderlichkeit Friedensstifter sein.

6.2. Friedensförderung: Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte

Heute rückt das Wort vom Frieden als "Werk der Gerechtigkeit" (Jes 32,17) und "Frucht der Liebe" (GS 78) in den Mittelpunkt:
"Der feste Wille, andere Menschen und Völker und ihre Würde zu achten, gepaart mit einsatzbereiter und tätiger Brüderlichkeit - das sind unerläßliche Voraussetzungen für den Aufbau des Friedens" (GS 78).
Wo immer Ungerechtigkeit die Beziehungen zwischen Staaten belastet, ist der Frieden bedroht. "Um den Frieden aufzubauen, müssen vor allem die Ursachen der Zwietracht in der Welt, die zum Krieg führen, beseitigt werden, an erster Stelle die Ungerechtigkeiten" (GS 83).

Friedensförderung, die der Ungerechtigkeit und der Verletzung elementarer Rechte der Menschen und Völker weltweit entgegenwirkt, behebt so entscheidende Ursachen, die immer wieder
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