Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Arles (314) erklärte, daß ein Soldat den Dienst in Friedenszeiten nicht verlassen dürfe, aber im Krieg nicht zum Töten verpflichtet sei.

Als erster entwickelte Augustinus (+ 430) eine christliche Lehre vom Frieden, in der er sich auch mit der Frage befassen mußte, ob Kriege, da sie ein schweres Übel für die Menschen sind, überhaupt sittlich gerechtfertigt werden können. Nach Augustinus kann ein Krieg nur als "gerecht" angesehen werden, wenn er dem Frieden dient, sich gegen begangenes Unrecht richtet, von der legitimen Autorität angeordnet wird und die Kriegsführung sich auf das unbedingt erforderliche Maß an Gewalt beschränkt.

Im Mittelalter baute Thomas von Aquin (+ 1274) diese Lehre aus. Er betont, daß es Situationen gibt, in denen sich der Fürst für den Krieg entscheiden muß. Doch auch dann bleibt der erlaubte Krieg stets an folgende drei Bedingungen geknüpft: Erstens an die Vollmacht des Regierenden, auf dessen Befehl hin der Krieg geführt werden muß. Zweitens muß ein gerechter Grund vorliegen. Drittens müssen die Kriegführenden die rechte Absicht haben (S. th. II II q. 40, art. 1). Außerdem kann ein Krieg nur sittlich erlaubt sein, um einen besseren Frieden zu erreichen, der die durch schweres Unrecht gestörte Ordnung wiederherstellt oder schweres Unrecht abwehrt.

In der Neuzeit hat Francisco de Vitoria (+ 1546) angesichts der Entdeckung Amerikas und der entstehenden souveränen Staaten das Völkerrecht als gemeinsame Rechtsbasis für alle Völker, Staaten und Kulturen grundgelegt. Gerecht kann nur der Krieg sein, der, nachdem alle friedlichen Mittel ausgeschöpft sind, im Interesse des weltweiten Gemeinwohls mit angemessenen Mitteln das Völkerrecht wahrt, indem geschehenes Unrecht abgewehrt oder drohendes Unrecht verhindert wird.

In der Folgezeit ist die "klassische" Lehre vom gerechten Krieg in der Völkerrechtswissenschaft selbständig behandelt und entscheidend umgewandelt worden. Die Frage nach dem gerechten Grund eines Krieges wurde ausgeklammert, da sie niemand mehr allgemeinverbindlich beantworten konnte. Der Krieg wurde zum Mittel absolut-souveräner staatlicher Politik, dessen sich eine Regierung nach Belieben bedienen durfte, wenn er nur den Interessen des eigenen Volkes diente.


In den Bemühungen um das Völkerrecht konnte es nur noch darum gehen, Regeln der Kriegsführung aufzustellen, um wenigstens seine Folgen zu mildern. Die großen Kriegsschäden der beiden Weltkriege unseres Jahrhunderts, mehr noch der Einsatz von Massenvernichtungsmitteln, führten zu der Einsicht, daß es "sinnlos" und "wider die Vernunft" ist, "den Krieg als geeignetes Mittel zur Wiederherstellung verletzter Rechte zu betrachten" (PT 127). Es wurde nötig, "die Frage des Krieges mit einer ganz neuen inneren Einstellung zu prüfen" (GS 80).

Am Beginn dieser Entwicklung steht die Forderung Papst Pius' XII. nach absoluter Ächtung des Angriffskrieges. Das Zweite Vatikanische Konzil nennt als grundlegendes Ziel christlichen Friedenshandelns eine Friedensordnung, die die Institution
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