Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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des Krieges abschafft und dem allgemeinen Wohl der Menschheit dient (vgl. GS 84).

Der politische Prozeß auf eine Friedensordnung der Völkergemeinschaft hin kann aber auch heute noch durch einen Bruch völkerrechtlichen Kriegsverbots gefährdet werden. So ist die Völkergemeinschaft als ganze betroffen, wenn das Kriegsverbot gebrochen und ein Staat oder Volk angegriffen wird.
"Solange die Gefahr von Krieg besteht und solange es noch keine zuständige internationale Autorität gibt, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ist, kann man, wenn alle Möglichkeiten einer friedlichen Regelung erschöpft sind, einer Regierung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung nicht absprechen" (GS 79).
Jede Form der Gewaltanwendung ist ein schweres Übel. Doch behält innerhalb einer umfassenden Friedensethik der Kerngehalt der Lehre von der "gerechten Verteidigung" eine bis jetzt unersetzliche Funktion, nämlich "im Hinblick auf den Grenzfall einer fundamentalen Verteidigung des Lebens und der Freiheit der Völker, wenn diese in ihrer elementaren physischen und geistigen Substanz bedroht oder sogar verletzt werden" (GF 41).

Das Verteidigungsrecht gilt nicht unbegrenzt, es unterliegt vielmehr erheblichen, sittlich verpflichtenden Einschränkungen:

  • Schon im Vorfeld eigentlicher Gewaltanwendung steht die Forderung: Nur solche und so viele militärische Mittel dürfen bereitgestellt werden, wie zur Verteidigung unbedingt erforderlich sind (Prinzip der Hinlänglichkeit). Ein Wettrüsten widerspricht diesem Prinzip. Darum hat das Zweite Vatikanische Konzil das Wettrüsten ausdrücklich gebrandmarkt.

  • Verteidigung mit militärischen Mitteln darf erst als letztes Mittel (ultima ratio) angewendet werden, nachdem alle gewaltfreien Maßnahmen der Konfliktlösung ausgeschöpft sind.

  • Da Verteidigung nur zur Abwehr und Verhinderung von Gewalt sittlich erlaubt ist, gibt es für die direkte Gewaltanwendung gegen die Zivilbevölkerung keine Begründung, sie ist verboten (Prinzip der Unterscheidung). Daher erklärt das Zweite Vatikanische Konzil: "Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und den Menschen, das fest und entschieden zu verurteilen ist" (GS 80).
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