Schicksal die Welt regieren. Der Glaube an Gott erlaubt, ja fordert, daß wir uns selbst und alle anderen Menschen unbedingt annehmen, weil wir unbedingt angenommen sind. Er ermöglicht ein grundlegendes Vertrauen in die Wirklichkeit, ohne das niemand leben, lieben und arbeiten kann. Der Glaube an Gott unterdrückt nicht menschliche Freiheit, er begründet vielmehr die Überzeugung von ihrem unbedingten Wert und verpflichtet zur unbedingten Achtung jedes Menschen wie zum Einsatz für eine freiheitliche gerechte Ordnung unter den Menschen. Wäre Gott tot, dann wäre letztlich auch der Mensch tot. Nicht daß Gott tot ist, sondern daß er lebt, ist darum die Hoffnung des Menschen.
5. Gott - ein Geheimnis
5.1 Der verborgene Gott
Wie weit tragen alle diese Überlegungen? Es ist offensichtlich: Gott ist keine fertige Antwort auf unsere Fragen. Gott ist ein tiefes Geheimnis. Er ist kein Gegenstand, den man wie andere Gegenstände feststellen könnte. Gott gibt es nicht in der Weise, wie es die Dinge oder auch die Menschen in der Welt gibt. Er ist nicht irgendwo "da oben". Sein Geheimnis umfängt uns überall. Darum ist er auch nicht ein Lückenbüßer-Gott, der nur an den Grenzen menschlicher Erkenntnis in den Blick kommt. Die Bibel nennt ihn den verborgenen Gott (vgl. Jes 45,15), der im unzugänglichen Lichte wohnt (vgl. 1 Tim 6,16). Als endliche Wesen können wir den Unendlichen, alles Umfassenden nie begreifen.
"Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen,
zu hoch, ich kann es nicht begreifen." (Ps 139,6)
Wir können dieses Geheimnis Gottes deshalb auch nicht aus dem Geheimnis unseres Wesens ableiten. Gott ist kein Machwerk des Menschen, kein selbstgemachter Götze, nicht die Wunscherfüllung unserer Sehnsüchte. Gott ist nur dann wahrhaft göttlich, wenn sein Geheimnis tiefer und größer ist als das Geheimnis des Menschen. Paulus bekennt:
"O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen,