Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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hervorbrachte. Jeremia (ab 625 v. Chr.) sieht den Bundesbruch im Stehlen, Morden, Ehebrechen, meineidigen Schwören und in der Baalsverehrung offen zutage treten (vgl. 7,9).

In Israel hat sich häufig die Überzeugung gezeigt, daß der "Gottesdienst" im engeren Sinne das Primäre der Religion sei, der Dienst am Menschen dagegen das Sekundäre. Dieser Einschätzung treten alle Propheten entgegen. Das Recht-Tun gilt als Voraussetzung für den Kult (Jes 1,10ff). Am eindrucksvollsten geschieht das bei Micha, der den zu unerhörten kultischen Opfern bereiten Hörern das Wort entgegenruft: "Es ist dir verkündet worden, was gut ist und der Herr von dir erwartet: Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte und Treue lieben, in Ehrfurcht den Weg gehen mit deinem Gott" (6,8). Hier ist die Willensoffenbarung Gottes, wie sie Mose, Natan, Elija, Amos, Hosea und Jesaja verkündet haben, auf eine einfache Kurzformel gebracht. Nur wer so handelt, ist Bundespartner Gottes und handelt damit sittlich gut. Ob einer unsittlich bzw. unmoralisch handelt, entscheidet sich also vor allem daran, ob Menschen andere Menschen zu Mitteln ihres Macht-, Erwerbs- und Genußstrebens degradieren (vgl. Am 2,6-8).

1.4. Die messianischen Verheißungen von Recht und Gerechtigkeit in der kommenden Königsherrschaft

Der Glaube Israels ist zukunftsbezogen. Die Deutung des Gottesnamens "Ich bin da" (Ex 3,14) läßt sich zugleich auf die Zukunft hin formulieren: "Ich werde da sein." Ebenso weisen auch die "Sprachbilder" der Zuwendung Jahwes auf ihre volle Erfüllung hin. Das gilt besonders für die Botschaft: "Jahwe ist König." Als solcher wird er für immer dem Chaos der Geschichte ein Ende machen (vgl. Jes 52,7-10; Ps 96,10-13; Ps 98,4-9).

In der Linie der Natansverheißung an David (2 Sam 7) erwarten die Propheten einen endzeitlichen Heilbringer-König. Nach Ezechiel (34,23f) wird er ein "neuer David" sein, ein wahrer Hirte für sein Volk. Bei Jesaja (9,1ff) wird dem königlichen Heilbringer eine Hoheit und Macht zugesprochen, die eigentlich Gott zukommt. Er wird "Frieden ohne Ende" schaffen und unter den Menschen endgültig "Recht und Gerechtigkeit" aufrichten (Jes 9,6). Diese messianische Heilsfunktion tritt noch deutlicher zutage in der Aussage, daß der zukünftige König von Gott mit
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