Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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her sieht. In ihr gründet die hohe Würde der menschlichen Person, ihre herrscherliche Freiheit, ihre Gleichrangigkeit als Mann und Frau und ihr sittlicher Auftrag, im Mitgehen mit Gott die Weisungen der "Urkunde des Bundes" als Geschenk des liebenden Gottes anzunehmen und sich von ihnen leiten zu lassen. In der Praxis des Glaubens wird das sittliche Handeln und Verhalten zum Zeichen der Bewährung des Glaubens, der Liebe und des Vertrauens darauf, daß die verheißene Zukunft des Heils nicht durch menschliche Leistung errungen werden muß, sondern im Mitgehen mit Gott von der endgültigen Zuwendung Gottes im "endzeitlichen Bund" erwartet werden darf.

2. Heilsverkündigung und sittliche Botschaft im Neuen Bund

2.1. Der Ruf Jesu und die Antwort des Menschen

Die sittliche Botschaft Jesu läßt sich ohne die Geschichte und die Erfahrungen Israels in seinem Bund mit Gott nicht begreifen. Wie Gott im Sinai-Bund vom Volk die Antwort der Treue zu ihm und der sittlichen Bewährung in der Welt erwartet, so verkündet auch Jesus den barmherzigen Gott, der von den Menschen eine entsprechende Haltung, vor allem Barmherzigkeit verlangt. Den Dekalog als Grundcharta des sittlichen Tuns setzt Jesus voraus (Mk 10,19) und baut auf ihm seine sittlichen Weisungen auf (vgl. Mt 5,21-48). Aber sein sittlicher Anruf erlangt durch die von ihm verkündete Gottesherrschaft eine neue Begründung, verpflichtende Kraft und letzte Gültigkeit. Jesus führt das bisher Verkündigte in einem neuen Horizont auf eine letzte Höhe (vgl. Mt 5,17). Ohne der gläubige Annahme seiner Botschaft ist sein weitreichendes und tiefgreifendes Ethos nicht zu verstehen, geschweige denn zu verwirklichen.

Diese neue Botschaft Jesu faßt Markus in die markanten Sätze zusammen:
"Erfüllt ist die Zeit und nahe herbeigekommen die Gottesherrschaft. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" (1,15).
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