Band I - Erster Teil Gott der Vater
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unterwegs ist und keinen Ort hat, wo er sein Haupt hinlegen kann (vgl. Mt 8,20), so sollen auch seine Jünger "alles verlassen", um ihm nachzufolgen (Mk 10,28). Jesu Gehorsam gegenüber dem Vater führt ihn ans Kreuz, wo er in der dunkelsten Nacht der Gottverlassenheit schreit: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk 15,34). Doch eben im Tod ist er von Gott gehalten und wird er zu neuem Leben erweckt. So ist er, der "durch Leiden Gehorsam gelernt" hat (Hehr 5,8), der "Urheber und Vollender des Glaubens" (Hehr 12,2). Glaube ist deshalb im Neuen Testament ein anderes Wort für Nachfolge.

Der Glaube ist also ein Weg. Man muß diesen Weg auf Hoffnung hin gehen, um das Ziel zu erkennen. So ist der Glaube ein Wagnis, ein Loslassen alter Sicherheiten und eine Umkehr gegenüber der gewohnten Sicht- und Handlungsweise. Dies ist nur möglich, weil der Glaube die Antwort ist auf einen vorangehenden Ruf. Der Glaubende faßt Zutrauen zu diesem Wort und schenkt Gott und seinem Wort Vertrauen. Das erste Wort des Glaubens ist deshalb nicht: Ich glaube, daß..., sondern: Ich glaube dir. In diesem vertrauenden Sich-Einlassen auf Gott geht dem Glaubenden ein Licht auf. Er erkennt in den äußeren Worten und Taten der Offenbarung den sich offenbarenden Gott. Der Glaube schenkt also neue Erkenntnis. Doch nicht weil er erkennt, glaubt er; sondern weil er glaubt, erkennt er. Er kann die erkannte Liebe Gottes nicht anders als wieder mit Liebe beantworten. Der Glaube ist gewissermaßen eine Liebeserklärung an Gott. Die Anrede durch Gott führt so zur Anrede an Gott, zum Gebet als der wichtigsten Ausdrucksgestalt des Glaubens. Weil er sich von Gott angenommen weiß, kann der Glaubende auch sich, die anderen und die Welt neu annehmen. So wird der Glaube zur Tat, die das Leben und die Welt verwandelt.

Was also ist der Glaube? Er ist ein alles umfassender Lebensentwurf und eine ganzheitliche Daseinshaltung. Der Glaubende wird in die innerste Grundhaltung Jesu einbezogen. Die hebräische Bibel gebraucht für unser Wort "glauben" vornehmlich das Wort "aman", das sich bis heute in der liturgischen Bekräftigungsformel "Amen" findet. Die Grundbedeutung von "aman" ist "fest -, beständig sein". Glauben bedeutet ein Sichfest-Machen in Gott, ein Trauen und Bauen auf ihn, ein Gründen der Existenz und ein Stand- und Bestandfinden in ihm (vgl. Jes 7,9).
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