Band I - Dritter Teil Das Werk des Heiligen Geistes
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Jes 10,17). Wie der Himmel Gott selbst als für immer gewonnener ist, so ist die Hölle Gott selbst als ewig verlorener. Das Wesen der Hölle ist also selbstverschuldeter endgültiger Ausschluß aus der Gemeinschaft mit Gott. Weil aber Gott allein die endgültige Sinnerfüllung des Menschen ist, bedeutet die Hölle die Erfahrung und den Schmerz letzter Sinnlosigkeit und die Verzweiflung über das endgültige Verlorensein des Menschen.

3.3 Das Fegfeuer

Die Lehre vom Fegfeuer wurde bereits im Judentum vorbereitet. Sie findet sich im Neuen Testament jedoch nur andeutungsweise. Die kirchliche Tradition stützt sich vor allem auf ein Wort Jesu, das die Möglichkeit der Vergebung in der künftigen Welt andeutet (vgl. Mt 12,32; 5,26), und auf ein Wort des Apostels Paulus, der von der Möglichkeit spricht, gerettet zu werden "wie durch Feuer hindurch" (1 Kor 3,15). Die eigentliche Grundlage dieser Lehre ist jedoch die Gebets- und Bußpraxis der Kirche. Schon am Ende des Alten Testaments wird das Gebet für die Verstorbenen als ein heiliger und frommer Gedanke bezeichnet (vgl. 2 Makk 12,45). Wir finden diese Praxis - wie nicht zuletzt viele Inschriften in den Katakomben zeigen - von Anfang an in der Kirche (vgl. LG 50). Diese Gebetspraxis setzt nicht nur ein Leben nach dem Tod voraus, sondern auch, daß es nach dem Tod für den Menschen noch eine Läuterungsmöglichkeit gibt. Zwar kann der Mensch nach Abschluß seines irdischen Pilgerdaseins nicht mehr aktiv an seiner Heiligung mitwirken; aber er kann durch Leiden geläutert und gereinigt werden. Die ganze Gemeinschaft der Heiligen kann ihm stellvertretend durch Gebet, Almosen, gute Werke und eigene Buße und nicht zuletzt durch die Feier der Eucharistie zur Seite stehen. Diese Überzeugung drückte sich zunächst vor allem in der Praxis des Gebets und Opfers für die Verstorbenen aus; erst allmählich wurde sie in der Lehre vom Zwischenzustand geklärt. Unser deutsches Wort "Fegfeuer" ist dabei eine recht unglückliche Übersetzung des amtlichen Wortes "purgatorium", "Läuterungsort" bzw. "Läuterungszustand".

Wenn vom Feuer die Rede ist, so ist dies ein Bild, freilich ein Bild, das auf eine tiefere Realität verweist. Das Feuer läßt sich verstehen als die läuternde, reinigende und heiligende Kraft der Heiligkeit und Barmherzigkeit Gottes. Die im Tod sich ereignende
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