Ostern durch die Worte des auferstandenen Herrn an seine Jünger gestützt (vgl. Mt 28,18). Er gibt ihnen den Auftrag, "alles zu lehren, was ich euch aufgetragen habe" (Mt 28,18). Mit der Verkündigung des Evangeliums verbindet sich der Auftrag zur sittlichen Belehrung. Dabei steht die Autorität Jesu absolut über der Gemeinde der Gläubigen: "Einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder" (Mt 23,8).
Die prägende Kraft des Ethos Jesu wird am deutlichsten daran erkennbar, daß die frühen Gemeinden trotz aller Unterschiede einhellig das Liebesgebot als höchsten Auftrag bezeugen. Für Paulus ist es die Zusammenfassung und Erfüllung des "ganzen Gesetzes" (Gal 5,14; Röm 13,8-10), das "Gesetz Christi" schlechthin (Gal 6,2), das nicht gesetzlich versklavt, sondern befreit. Die Urgemeinde in Jerusalem bemüht sich um eine Gemeinschaft, in der es keine Bedürftigen geben (Gütergemeinschaft) und der Geist der Eintracht herrschen soll (Apg 2,42.44.46; 4,32). In den Gemeinden des paulinischen Missionsgebietes klingt die Mahnung zur Liebe als das Wichtigste und spezifisch Christliche immer wieder auf (1 Thess 4,9f; Phil 1,9f; Kol 3,12-14; Eph 4,32; 5,2 u. a.). Im juden-christlichen Raum ist die Liebe das "königliche Gesetz" (Jak 2,8), und das Evangelium ist das "Gesetz der Freiheit" (Jak 1,25; 2,12).
Allerdings haben die urchristlichen Verkündiger auch sittliche Vorstellungen und Ausdrucksformen aus der Gesellschaft aufgenommen, wenn sie mit der Botschaft Jesu vereinbar waren. Manches davon ist durch zeitgeschichtliche Wertungen bedingt, die keine absolute Gültigkeit beanspruchen können. Die soziale Stellung der Frauen, der Kinder, der Sklaven, die Gestaltung des Ehe- und Familienlebens setzen die damaligen gesellschaftlichen Strukturen voraus, eine noch patriarchalische Ordnung, die heute mit Recht, in Übereinstimmung mit der Botschaft Jesu, überholt ist. Ähnliches gilt für die Ausübung der staatlichen Gewalt, die in einem demokratischen Staat anders aussieht und anders ausgeübt wird als im damaligen Römischen Reich. Aber was Paulus den Römern sagt, gilt auch weiterhin: "Wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist" (Röm 12,2). So ist der Christ auch in seiner vom Glauben erleuchteten Vernunft gefordert, die sich jeweils ergebenden Wertungen zu prüfen und das sittlich Richtige
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