Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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festzustellen. Das verbindet die Kirche mit dem sittlichen Erkennen und Streben der ganzen Menschheit (vgl. Phil 4,8).

Wie Jesus das sittliche Tun auf Gottes gnädiges Handeln gründete, wußte sich die Urkirche durch den in der Taufe verliehenen Heiligen Geist getragen. "Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist" (Röm 5,5). Was menschliche Schwäche nicht zu erreichen vermag, wird durch das Wirken des Geistes möglich. "Denn das Gesetz des Geistes und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes" (Röm 8,2). "Wenn ihr euch vom Geist führen laßt, dann steht ihr nicht mehr unter dem Gesetz" (Gal 5,18), das unfrei macht und zur Sünde führt. Die urchristliche Mahnrede weist immer wieder auf die Taufe hin, in der wir eine "Neuschöpfung" werden (2 Kor 5,17). "Ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und seid zu einem neuen Menschen geworden, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird" (Kol 3,9f). "Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist!" (Eph 4,24). Ein Musterbeispiel solcher Taufverkündigung ist der erste Petrusbrief, der in konkreten Mahnungen daran erinnert, daß christliches Leben der ständigen Erneuerung bedarf.

2.5. Die Verwirklichung der Forderung Jesu als bleibender Anspruch

In ihrem sittlichen Streben, das die frühen Christen als "Einübung des Christlichen" verstanden, wußten sie sich auf die Gemeinde verwiesen, in der sie lebten. Zwar richtet sich die sittliche Weisung primär an den einzelnen, denn nur er kann Subjekt der Verantwortung sein, aber ein christliches Leben, isoliert von der Gemeinde, war für die damaligen Christen undenkbar. Darum versucht Paulus, seine noch in mancherlei heidnischen Gewohnheiten befangenen Gemeinden zu christlichen Gemeinschaften zu formen, besonders die Gemeinde von Korinth (vgl. den ersten Korintherbrief). Gemeinden in der Diaspora galt es zu ermutigen, die heidnischen Mitbürger von der Redlichkeit und Rechtschaffenheit der Christen zu überzeugen (1 Petr 2,11f). Andere, schon länger bestehende Gemeinden mußten gemahnt werden, ihr Anderssein nicht zu vergessen, ihre christliche Berufung nicht zu verleugnen und ihre Identität zu wahren (Eph 4,17-24; 5,7-14). Wie einst die Jünger Jesu
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