III. Grundvollzüge des Lebens aus dem Glauben
1. Christliche Grundhaltungen
Die Sittlichkeit umfaßt nicht nur das rechte Tun und Lassen in einzelnen Handlungen, sondern zunächst die richtigen Einstellungen und Grundhaltungen, von denen jeweils die entsprechenden einzelnen Handlungen geleitet werden. Wir bezeichnen solche Grundhaltungen als Tugenden. "Die menschlichen Tugenden sind feste Haltungen, verläßliche Neigungen, beständige Vollkommenheiten des Verstandes und des Willens, die unser Tun regeln, unsere Leidenschaften ordnen und unser Verhalten der Vernunft und dem Glauben entsprechend lenken. Sie verleihen dem Menschen Leichtigkeit, Sicherheit und Freude zur Führung eines sittlich guten Lebens. Der tugendhafte Mensch tut freiwillig das Gute" (KKK 1804). Im Philipperbrief heißt es: "Was immer wahrhaft, edel, recht, lauter, liebenswert ist, darauf seid bedacht" (4,8).
Die richtige innere Einstellung des Christen kommt vor allem in den Grundhaltungen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zum Ausdruck, die wir auch als göttliche oder theologische Tugenden bezeichnen (vgl. hierzu und zum Folgenden KKK 1803-1832).
Im Neuen Testament findet sich manchmal die Reihenfolge Glaube, Liebe, Hoffnung. Das ist gut begründet, weil der Glaube sich in der Liebe unmittelbar auswirken soll (vgl. Gal 5,6), während sich der Mensch in der Hoffnung auf die Vollendung hin ausstreckt. Nur an einer Stelle findet sich in der Heiligen Schrift die Reihenfolge Glaube, Hoffnung, Liebe (1 Kor 13,13). Das ist am Ende des Hohenliedes der Liebe gut zu verstehen, weil dort der besondere Nachdruck auf die Liebe gelegt wird. In der christlichen Tradition ist die Reihenfolge Glaube, Hoffnung, Liebe üblich geworden und bis heute so geblieben. Die drei Grundhaltungen Glaube, Hoffnung, Liebe werden im Neuen Testament auf unterschiedliche Situationen bezogen. So sind als Ausfaltungen der Liebe bestimmte sittliche Grundhaltungen in sogenannten "Tugendkatalogen" zusammengestellt (Gal 5,22f; Kol 3,12; Eph 4,2; 4,32 - 5,2; 5,9; 1 Tim 6,11; 2 Tim 2,22; 1 Petr 1,5-7 usw.). Bei Glaube, Hoffnung und