Band I - Erster Teil Gott der Vater
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Die Bundesgeschichte verläuft äußerst dramatisch. Immer wieder gerät Israel in Not und Bedrängnis, weil es von dem einen lebendigen Gott und von der Grundweisung des Gottesrechts abfällt und sich den Götzen der umgebenden Heidenvölker zuwendet. Immer wieder erweckt Gott Männer und Frauen, um seinem Volk in Stunden der Not zu helfen. Gott ruft vor allem die Propheten. Die Bibel kennt neben den älteren Propheten, die keine Schriften hinterlassen haben (Elija, Elischa, Samuel u. a.), die "Schriftpropheten": die vier "Großen Propheten": Jesaja, Jeremia, Ezechiel, Daniel, und die zwölf "Kleinen Propheten": Hosea, Joël, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi. Die Propheten sind keine Wahrsager. Gott bestellt sie vielmehr zu seinen Boten, Sprechern und Rufern. Immer wieder heißt es: "Geh und sag diesem Volk" (Jes 6,9), "so spricht der Herr" (Am 1,3.6 u. a.). Die Propheten sollen im Auftrag Gottes das Volk zurückrufen zum Gehorsam und zur Gerechtigkeit, sie sollen ihm in der schweren Zeit des Exils Mut und Trost zusprechen. Deshalb sprechen sie von Gott, der Israel aus Ägypten befreit hat, von Gott, der Israels Vater, Hirt, König und Geliebter ist, von Gott als dem Beschützer und Befreier der Armen und Unterdrückten. Zugleich warnen die Propheten vor falscher Sicherheit. Wegen der Ungerechtigkeit und wegen des Ungehorsams des Volks schlägt die Erwählung um in das Gericht (vgl. Am 3,2). So verkündet der Prophet Amos den "Tag Jahwes" als Tag des Gerichts, der Finsternis und nicht des Lichts" (vgl. Am 5,18).

In den beiden Katastrophen von 722 (Fall des Nordreiches) und von 587 (Fall des Südreiches mit Zerstörung Jerusalems und babylonischem Exil) wird das Gericht Wirklichkeit. Israel verliert seine Selbständigkeit als Volk. Es lebt in der Fremde, in einem besetzten Land oder in der Zerstreuung (Diaspora). Doch dieser Zusammenbruch ist nicht das Ende, weil Gott nicht am Ende ist. Er ist seinem Bund treu trotz menschlicher Untreue.
"Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht." (Jes 49,15)
Gott ist ein Gott, der Neues schafft und Zukunft schenkt. Die großen Taten der Vergangenheit - Auszug, Bundesschluß,
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