Zugleich muß er darin auch seinen eigenen Selbstwert erlebt haben. Der christliche Glaube ist immer auch Glaube an den Menschen; jemand, der den Glauben an sich selbst verloren hat, kann nicht tapfer sein. Der Glaube an sich selbst erwächst aber aus jener Annahme, die uns Gott in Jesus Christus geschenkt hat.
Die Form, in der heute häufig Tapferkeit gefordert wird, ist Zivilcourage. Sie beinhaltet den Mut, für seine Überzeugungen öffentlich einzutreten. Sie schließt eine gewisse Unabhängigkeit vom Urteil anderer ein. Diese hat Jesus in seiner Kritik an seinen Gegnern immer wieder vorgelebt. Zivilcourage ist heute eine Haltung, die in offenen Gesellschaften mit demokratischer Verfassung von besonderer Bedeutung ist. Hier droht immer die Gefahr, daß der Mensch von Interessen und Interessengruppen vereinnahmt wird. Es gehört großer Mut dazu, gegen die Interessen der Mächtigen die Rechte der Armen und an den Rand der Gesellschaft Gedrängten einzuklagen. Bisweilen wird gerade in diesem Bereich heute auch das Martyrium im strengen Sinne des Wortes abverlangt (vgl. Erzbischof Oscar Arnulfo Romero).
Die vierte Kardinaltugend ist das Maßhalten. In einer Gesellschaft des Konsums gehört viel Selbstbeherrschung dazu, das rechte Maß zu finden. In der Maßhaltung scheint zunächst der Mensch gegen sich selbst und seine eigenen Wünsche zu stehen; in Wirklichkeit geht es aber um die ihm zugute kommende Grenzziehung gegenüber einer schrankenlosen Wunscherfüllung. Die moderne Anthropologie weist viele Gründe für die Notwendigkeit solchen Maßhaltens auf. Es macht gerade die Eigenart des Menschen aus, daß das rechte Maßhalten in der Erfüllung seiner Bedürfnisse nicht mehr wie bei den Tieren "automatisch" erreicht wird, sondern vernunftgemäß gestaltet werden muß. Am Beispiel des Triebtäters wird deutlich, daß Triebe menschlich blind sein können. Es geht aber nicht darum, sie "abzutöten"; es geht vielmehr darum, ihre Dynamik in die verantwortliche Lebensgestaltung des Menschen einzubinden.
Biblisch tritt uns die Notwendigkeit des Bemühens um das rechte Maß bei Paulus entgegen, der zeigt, daß Selbstbeherrschung ohne gezielte Übung nicht gelingen kann (vgl. 1 Kor 9,24-26). Noch tiefer und radikaler holt der evangelische Rat der Armut das ein, was in der Tugend des Maßhaltens angezielt ist. Dieser Rat kann als Hintergrund für den rechten Umgang
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