Band I - Erster Teil Gott der Vater
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"Der Herr erhört mich, wenn ich zu ihm rufe." (Ps 4,4)

"Ich rufe dich an, denn du, Gott, erhörst mich. Wende dein Ohr mir zu, vernimm meine Rede!" (Ps 17,6)

"Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir: Herr, höre meine Stimme! Wende dein Ohr mir zu, achte auf mein lautes Flehen!" (Ps 130,1-2)
Am deutlichsten wird die Ansprechbarkeit Gottes in der Abba-Anrede Jesu bezeugt. Sie nimmt Gott gerade dadurch als Gott ernst, daß sie ihm alles zutraut. Die persönliche Bitte ist bei Jesus wahres Gotteslob und das Bittgebet der Ernstfall und die Seele des Gottesglaubens.

Die Namensoffenbarung Gottes und die Abba-Anrede Jesu im Gebet berechtigen, ja nötigen uns, zu sagen: Gott ist ein personales Wesen. Nur eine Person kann Ich sagen und sich als Du anreden lassen. Denn eine Person zeichnet sich vor allen anderen Wesen dadurch aus, daß sie ganz in sich steht, unvertauschbar und einmalig ist, und daß sie eben dadurch frei ist, sich anderen zuzuwenden, mit ihnen in Beziehung zu treten und sich ihnen zu erschließen. Selbstverständlich ist Gott nicht in der begrenzten Weise Person, wie wir Menschen Person sind. Aber er ist nicht weniger Person als wir, sondern ist es in einem unendlich höheren Maße.

Das personale Gottesverständnis unterscheidet die Gottesbotschaft des Alten und Neuen Testaments vom Gottesbild der östlichen Hochreligionen: Hinduismus, Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus. Während das Christentum wie auch das Judentum und der Islam das Verhältnis von Gott und Mensch als personale Begegnung und Gemeinschaft verstehen, suchen die östlichen Religionen die Enge und Beschränktheit der Individualität zu überwinden und Befreiung dadurch zu finden, daß sie im bergenden All-Einen bzw. im übergegenständlichen Nirwana aufgehen. Sie befürchten, durch die Personalität werde Gott zu einem endlichen Gegenüber des Menschen, der Mensch aber in seiner Ichhaftigkeit und Selbstherrlichkeit bestärkt. Die östlichen Religionen sind damit vom Christentum zutiefst verschieden. Gebet und Meditation haben im Christentum und in den östlichen Religionen, bei allen Parallelen im einzelnen, einen unterschiedlichen Sinn. Im Christentum: Freundschaftsverkehr mit Gott, im Osten: Verschmelzung und Einswerden mit dem Ganzen. Trotz dieser unübersehbaren Unterschiede gilt: "Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist." Deshalb mahnt sie zum Gespräch und zur Zusammenarbeit "mit Klugheit und Liebe" (NA 2).
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