Es ist Aufgabe der Kirche, den Menschen die Botschaft der Versöhnung zu verkünden und der Welt als Geschenk der Versöhnung anzubieten. Versöhnung setzt aber Bekehrung und Vergebung voraus. Beide sind nur möglich, wenn ein waches Bewußtsein für Sünde und ein richtiges Verständnis von Sünde da ist.
2.2. Die biblische Sicht von Sünde
Das Alte Testament betrachtet die Sünde unter verschiedenen Rücksichten. Sünde ist Auflehnung gegen die Ordnung Jahwes (Num 14,9; Dtn 28,15-44), eine Tat aus freiem Willen (Gen 4,7), aus bösem Herzen (Gen 6,5; Ps 51,12), Ungehorsam, Ungerechtigkeit, Gotteshaß, Abfall von Gott, Untreue und Unglaube. Immer geht es in der Sünde darum, daß der Mensch den Bund bricht, den Gott mit ihm geschlossen hat. In der Sünde vergeht er sich gegen die Verpflichtung zur Treue gegen Gott und gegen die Gerechtigkeit gegenüber den Mitmenschen.
Bei Sünden, die mit Überlegung begangen werden, wie etwa Unzucht, falscher Gottesdienst und Anbetung fremder Götter, wird gefordert, daß der Schuldige aus seinem Volk entfernt wird. Das konnte auch eine Verurteilung zum Tod bedeuten (vgl. Num 15,30; Lev 18,26-30; 19,4; 20,1-7; 21,17). Von diesen Sünden wurden andere unterschieden, vor allem solche, die aus Unachtsamkeit begangen werden; sie wurden durch ein Opfer nachgelassen (vgl. Lev 4,2ff; 5,1ff; Num 15,22-29).
Im Neuen Testament wird Sünde als Verfehlung des Heils, der Teilhabe am Reich Gottes, gedeutet. Jesus hat die Sünde als das, was den Menschen von Gott trennt und vom Reich Gottes ausschließt, sehr ernst genommen. Das zeigt sich weniger in einzelnen Aussprüchen als in der Art, wie er die Sündenvergebung als beglückende Botschaft der hereinbrechenden Gottesherrschaft verkündet. Dem Gelähmten, den man vor ihn bringt, damit er ihn heile, sagt er als erstes: "Deine Sünden sind dir vergeben" (Mk 2,5 par.). Sünde ist das schlimmste Unglück, das schwerer wiegt als körperliche Gebrechen. Er ist gekommen, Sünder zu berufen, wie er durch seine Teilnahme am Zöllnergastmahl veranschaulicht (Mk 2,15-17 par.). Die Sünderin, die ihm die Füße salbt und viel Liebe erweist, nimmt er in Schutz und verteidigt sie (Lk 7,36-50). Weil Zöllner und Dirnen auf die Predigt des Täufers Johannes hin umgekehrt sind, werden