Band I - Erster Teil Gott der Vater
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"Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet
und verherrlicht wird."
Die Formulierung "und dem Sohn", das berühmte Filiogue, war im ursprünglichen Glaubensbekenntnis von Konstantinopel noch nicht enthalten. Sie kam als Lehrformel in Spanien im 5.-7. Jahrhundert auf, wurde aber erst im 11. Jahrhundert ins Glaubensbekenntnis der römischen Kirche aufgenommen. Bis heute stellt diese Zusatzformulierung einen Unterschied zu den orthodoxen Kirchen dar. Die Orthodoxen gebrauchen die Formel "aus dem Vater durch den Sohn". Damit wollen sie deutlicher zum Ausdruck bringen, daß in Gott der Vater allein Ursprung und Quelle ist. Die römische Kirche und die anderen westlichen Kirchen wollen deutlicher betonen, daß der Sohn mit dem Vater wesenseins und ihm gleichgestellt ist. In diesem Grundanliegen kommen Ost und West überein. Sie benutzen aber unterschiedliche theologische Begriffe und Denkmodelle. Deshalb liegt hier nach heutiger römisch-katholischer Überzeugung eine legitime Einheit in der Vielfalt, aber kein kirchentrennender Unterschied vor.

Dieses Ost und West verbindende Bekenntnis will sagen: Der Heilige Geist ist nicht nur irgendeine Gabe Gottes, er ist Gottes Gabe in Person. Denn das Leben des Menschen und sein Geheimnis finden erst in der Teilhabe am Leben und Geheimnis Gottes ihre Erfüllung. Doch der Heilige Geist ist nicht nur das Gabesein Gottes, sondern auch der göttliche Geber dieser Gabe, der Spender des Lebens. Wie der Vater der Ursprung und die Quelle des Sohnes ist und alles, was er ist, dem Sohn schenkt, so schenken Vater und Sohn bzw. der Vater durch den Sohn die ihnen eigene Fülle des göttlichen Lebens und Seins weiter und bringen so gemeinsam den Heiligen Geist hervor. Wie der Geist gegenüber Vater und Sohn reines Empfangen ist, so ist er gegenüber uns sprudelnde Quelle, Spender des Lebens. Er ist die bewegende und schöpferische Kraft des neuen Lebens und der endzeitlichen Verwandlung des Menschen und der Welt.

Was dieses vom Heiligen Geist geschenkte Leben bedeutet, bringt der bekannte Hymnus "Veni Creator Spiritus" aus dem 9. Jahrhundert (Übertragung von Friedrich Dörr 1969, Gotteslob 241) in schöner Weise zum Ausdruck (ähnlich der Hymnus "Veni Sancte Spiritus", der um 1200 entstanden ist):
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