Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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Darüber hinaus gibt es eine Verantwortung, aus der eine Gemeinschaft für die Folgen einzustehen hat, die aus bestimmten Handlungen der Gemeinschaft erwachsen sind. So kann es sein, daß ein Volk als ganzes die Folgen eines Krieges zu tragen hat, auch wenn viele keine persönliche Schuld auf sich geladen haben. Hier ist gefordert, daß sich alle in Solidarität bemühen, den aus Unrecht entstandenen Schaden nach Möglichkeit wiedergutzumachen.

Die sittliche Freiheit des einzelnen kann nicht nur durch die Gemeinschaft, in der er lebt, mitgeprägt sein, sondern auch durch seine eigene Vergangenheit. Das Versagen der Vergangenheit beeinträchtigt sein Handeln in der Gegenwart. Echte Umkehr bewirkt Neuorientierung. Aus der Geschichte der Schuld kann so ein Anlaß und Anstoß zu einem Neuanfang werden.

Das geschichtliche Dasein des Menschen bringt es mit sich, daß der Mensch seine innere Entscheidung für oder gegen Gott in immer neuen Handlungen treffen muß. Es gibt nicht nur die Grundentscheidung der Sünde gegen Gott, sondern auch die Sünden in der Mehrzahl, in denen die Grundentscheidung gegen Gott sich immer erneut ausdrückt und verstärkt. Dabei können die einzelnen Verfehlungen von unterschiedlicher Schwere sein.

2.4. Todsünde - läßliche Sünde, schwere Sünde - leichte Sünde

Die Tatsache, daß bereits die Bibel von der einen Sünde und den vielen Sünden sowie von Sünden von größerem und von geringerem Gewicht spricht, hat in der kirchlichen Tradition dazu geführt, daß nach genaueren Unterscheidungen gesucht wurde. Das geschah vor allem in Verbindung mit der Bußpraxis und später mit der Bußform der geheimen und häufigeren Beichte. Dabei kam es zu unterschiedlichen Aufteilungen.

Seit dem 4. Jahrhundert gibt es die Unterscheidung von Todsünde und läßlicher Sünde. Diese wird im 11. Jahrhundert allgemein gebräuchlich. In der Theologie der Scholastik im 12. und 13. Jahrhundert wird Todsünde als Abkehr vom letzten Ziel und als Handlung gegen die Liebe, läßliche Sünde dagegen als Unordnung in den Mitteln zum Ziel bzw. als unvollständiger menschlicher Akt verstanden. Mit der Bestimmung des Konzils von Trient, daß alle Todsünden nach Zahl, Art und artverändernden Umständen zu beichten sind (vgl. DS 1679-1681, 1707), setzte ein
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