Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat" (Hebr 4,15; 1 Petr 2,22; Konzil von Konstantinopel, DS 554), und von der seligsten Jungfrau Maria, "die im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch die einzigartige Gnade und Bevorzugung des allmächtigen Gottes . . . von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt wurde" (DS 2803) und "während ihres ganzen Lebens frei von jeder persönlichen Sünde geblieben" ist (KKK 493; vgl. KEK 1, 178-180), kann von niemand gesagt werden, er sei ohne Sünde (vgl. 1 Kor 4,3f). Aber wir können uns immer von neuem dem Erbarmen Gottes anvertrauen.

Bei der Klarheit der Erkenntnis geht es um das Wissen von der Schwere eines Sachverhaltes oder eines Gebotes. Die Klarheit der Erkenntnis kann unterschiedlich sein. Das hängt von mehreren Faktoren ab: von der Erziehung, von Werteinsichten der Gesellschaft, von der Fähigkeit, einen wichtigen Sachverhalt von einem weniger wichtigen unterscheiden zu können, und von der Bereitschaft, sich um eine klare Erkenntnis des Sachverhalts zu bemühen. Wer ein klares Wissen über die Schwere eines Sachverhaltes oder eines Gebotes besitzt und dennoch die schlechte Tat begeht, macht sich in schwerer Weise schuldig. Er handelt bewußt gegen seine klare Erkenntnis und gegen den Spruch seines Gewissens. Fehlt dagegen die klare Erkenntnis, so liegt bei der schlechten Tat zwar objektiv eine schwere Verfehlung vor, nicht aber subjektiv eine schwere Schuld.

Bei der wichtigen Sache geht es um das größere oder geringere Gewicht eines objektiv negativen Tatbestandes oder Sachverhaltes (materia gravis - materia levis). Das Apostolische Schreiben "Reconciliatio et paenitentia" von Papst Johannes Paul II. (1984) betont, "daß einige Sünden, was ihre Materie betrifft, von innen her schwer und todbringend sind. Das heißt, es gibt Handlungen, die durch sich selbst und in sich, unabhängig von den Umständen, immer schwerwiegend unerlaubt sind wegen ihres objektiven Inhaltes. Wenn solche Handlungen mit hinreichender Bewußtheit und Freiheit begangen werden, stellen sie immer eine schwere Schuld dar" (17). Es kann im Einzelfall auch ein geringfügiger Sachverhalt von großer Bedeutung sein. Es gibt aber Verhaltensweisen, die nahezu immer schweren Schaden anrichten oder schweres Leid zufügen. In ihnen ist die wichtige Sache gegeben, die eine schwere Sünde ausmacht. Oft ist eine wichtige Sache eindeutig festzustellen,
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