Band I - Erster Teil Gott der Vater
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von Gott unbedingt und absolut angenommen sind. So schenkt das Gebet innere Ruhe und Freude, Trost, ohne jemals bloße Vertröstung zu sein. Wo aber aller Trost als Vertröstung verleumdet wird, da wird das Dasein selbst trostlos.

4.2 Beten - wie geht das? Formen des Gebets

Das Gebet ist etwas höchst Persönliches und deshalb etwas äußerst Vielfältiges. Es gibt keine Rezepte oder Techniken für das Beten. Eines aber steht für das Neue Testament unumstößlich fest: Ein rein äußerliches Aufsagen von Gebetsformeln ist wertlos. Jesus lehnt dies ausdrücklich ab und spricht von einem "Plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen" (Mt 6,7). Das Gebet kann sehr nüchtern und schmucklos sein. Beten kann darin bestehen, daß einer sein Herz ausschüttet vor Gott, daß er klagt und fragt: Warum? Es kann in der Bitte für sich oder für andere bestehen: "Herr, hilf doch!" Beten kann im Bekenntnis von Sünde und Schuld, in der Ergebung in Gottes Willen und im Versprechen, ihn zu erfüllen, bestehen, aber auch in Lob, Dank und Anbetung. So unterscheiden wir neben der Klage, dem Bekenntnis und dem Gelübde vor allem das Lobgebet, das Dankgebet und das Bittgebet.

Die Weisen des Gebetes unterscheiden sich nicht nur dem Inhalt, sondern auch der Form nach. Es gibt das mündliche Gebet, das frei und spontan geschehen, das sich aber auch an einen vorgeformten Text halten kann. Dieses mündliche Gebet kann verborgen im stillen Kämmerlein (vgl. Mt 6,6) oder in Gemeinschaft, sei es in der Familie, in einer Gruppe oder in der offiziellen Liturgie erfolgen. Zum mündlichen Gebet gehört auch die rhythmische Wiederholung bestimmter Formeln, etwa im Jesus-Gebet der Ostkirche, beim Rosenkranz oder bei Litaneien. Das hat, recht vollzogen, nichts mit einem mechanischen Herunterleiern zu tun, der Rhythmus entspricht der leib-seelischen Ganzheit des Menschen, er kann eine Hilfe sein, eine bestimmte Aussage innerlich immer mehr auszuschöpfen. Das vollkommenste mündliche Gebet ist das Gebet, das uns der Herr selbst zu beten gelehrt hat, das "Vater unser" (vgl. Lk 11,2-4; Mt 6,9-13). Es verbindet das Lob und den Preis Gottes mit der Bitte um das, was dem Menschen vor allem notwendig ist. Deshalb sollen wir dieses Gebet immer wieder sprechen und es zum Maßstab unseres Betens machen.
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