Band II - Erster Teil Ruf Gottes - Antwort des Menschen
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Die Vergebung kann allerdings nur dann ihren vollen Sinn erreichen und zur Versöhnung führen, wenn Reue und Bitte um Vergebung vorausgehen (vgl. Lk 17,4). Jemandem vergeben, der sein Unrecht nicht bereut, bewirkt nicht Versöhnung, sondern ist eher geeignet, den anderen in seinem Unrecht zu bestätigen und ihn zu neuem Unrecht zu veranlassen. Dennoch soll der, dem Unrecht geschehen ist, nicht abwarten, bis ihn der andere um Vergebung bittet, sondern er soll seinerseits zeigen, daß er zur Versöhnung bereit ist.

Vergebung und Versöhnung unter den Menschen sind für das menschliche Miteinander unabdingbar. Die Sünde ist aber mehr als eine Verletzung zwischenmenschlicher Beziehungen. Sie betrifft immer Gott selbst. Deshalb kann sie auch nur getilgt werden durch die Vergebung Gottes und durch seine Versöhnung mit den Menschen. Menschen dürfen und sollen einander sagen: "Ich verzeihe dir, ich vergebe dir deine Schuld!" Aber letztlich spricht das Wort der Verzeihung und der Vergebung der Schuld nur Gott (vgl. Mk 2,7). Gottes Vergebung bewirkt nicht, daß unsere Tat ungeschehen gemacht, vergessen oder für halb so schlimm erklärt wird. Vielmehr tilgt Gott unsere Schuld, indem er sich trotz unserer bösen Tat uns zuwendet, uns mit seiner vergebenden Liebe umwandelt und uns zu Menschen macht, die mit ihm versöhnt sind.

Seit ihren Anfängen gibt es in der Kirche zahlreiche und vielfältige Formen der Buße wie etwa in der Eucharistiefeier, in Sühneandachten und Fasten. Doch ist unter den Akten der Buße keiner so bedeutsam wie das Bußsakrament (vgl. dazu ausführlich KEK 1, 363-372). Das Wesen dieses Sakramentes besteht darin, daß Gott, in dessen Auftrag der Spender des Bußsakramentes handelt, in der sakramentalen Lossprechung die Vergebung der Sünden gewährt. Es ist ein wesentliches Element des Glaubens, daß Jesus Christus in seiner Kirche das Bußsakrament gestiftet hat, damit die Gläubigen, die nach der Taufe in Sünde gefallen sind, die Gnade wiedererlangen und mit Gott versöhnt werden. Das Bußsakrament ist der ordentliche Weg, um Vergebung und Nachlaß der schweren Sünden zu erlangen. Es erfordert deshalb vom Beichtenden das aufrichtige und vollständige Bekenntnis dieser Sünden. Die einzelnen Elemente des Bußsakramentes sind: Gewissenserforschung, Reue und Bekehrung (Vorsatz), Sündenbekenntnis, Lossprechung, Genugtuung (Buße).
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