Band I - Erster Teil Gott der Vater
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1. Die Freiheit der Schöpfung. Obwohl es vielen so scheint, als sei die Welt ein Produkt des Zufalls, eines blinden Schicksals oder irgendeiner gesetzlichen Notwendigkeit, bekennt der christliche Glaube: Diese Welt ist von Gott gewollt, geschaffen, geliebt, bejaht. Sie entspringt dem freien Willen, der Güte und der Liebe Gottes, der ohne jede Notwendigkeit, aus freiem Ratschluß die Geschöpfe an seinem Sein teilhaben lassen wollte. "Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen" (Offb 4,11). Gott wäre auch ohne die Welt Gott und selig gewesen; er hat uns und die Welt nicht gebraucht, aber er hat uns und die Welt gewollt. So dürfen wir uns sagen: Alles, was ist, nicht zuletzt wir selbst, ist, weil Gott sprach: Ich will, daß du bist - du bist, weil ich dich will, weil ich dich liebe. "Weil er gut ist, sind wir" (Augustinus).

2. Die Ordnung in der Schöpfung. Immer wieder heißt es: "Gott sprach..., und es wurde." Im Buch der Weisheit lesen wir: "Du hast das All durch dein Wort gemacht" (Weish 9,1; vgl. Job 1,3; Röm 4,17). In der Erschaffung durch das Wort Gottes ist die "Wortwahrhaftigkeit" und Sinnhaftigkeit der Geschöpfe begründet. Denn durch das Wort scheidet Gott den Kosmos vom Chaos, das Licht von der Finsternis, den Himmel von der Erde. Die Bibel sagt im gleichen Sinn, Gott habe alle seine Werke mit Weisheit geschaffen (vgl. Ps 104,24; Spr 8,27). So ist die Welt für den Christen nicht Ausdruck einer irrationalen chaotischen Lebensmacht, sondern rational geordnet. "Du aber hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet" (Weish 11,20). Die Welt ist die Verwirklichung göttlicher Ideen. Wie anders sollte man die wunderbare Ordnung der Welt, die die Wissenschaft neu entdeckt, erklären als durch einen alles ordnenden Geist? In seinem Forschen und Denken darf der Mensch den Schöpfungsgedanken Gottes nachspüren und nachdenken. An Gott, den Schöpfer, glauben heißt auch, an der Sinnhaftigkeit und Rationalität der Welt festhalten.

3. Das Gutsein der Schöpfung. Im biblischen Schöpfungsbericht wird immer wieder gesagt, Gott habe alle Dinge gut gemacht (vgl. Gen 1,4.10.12.18.21.31). Diese "Güteformeln" drücken aus, daß alles aus der Güte Gottes kommt und an der Güte Gottes Anteil hat. Aus dieser Einsicht heraus mußte die frühe Kirche der Gnosis, einer damals weit verbreiteten Weltweisheit, widerstehen, die die materielle Welt als böse verwarf
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