Band I - Erster Teil Gott der Vater
Seite 105 Seite: 106 Seite 107
"O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen?" (Röm 11,33-34)
Aber was im Schicksalsglauben einfachhin unbegreifbar blieb, wird nun zu einem zwar nicht auflösbaren, aber Vertrauen erweckenden Geheimnis. Wo der Schicksalsglaube als letzten Kern des Geschehens Gleichgültigkeit und Leere findet, offenbart sich für den Vorsehungsglauben die Liebe des Vaters. Auch wenn wir keinen Einblick in das Wie der göttlichen Wege und Führungen haben, so dürfen wir doch immer wieder Zeichen erkennen, in denen für den Glauben Gottes Führung erfahrbar wird. Daran kann sich der Glaube vergewissern und kräftigen in der Überzeugung, "daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt" (Röm 8,28).

2. Himmel und Erde

Im Anschluß an die Heilige Schrift nennt das Glaubensbekenntnis Gott den "Schöpfer des Himmels und der Erde". Mit "Himmel und Erde" bezeichnet es gemäß dem alten Weltbild die beiden äußersten Enden der Wirklichkeit. "Himmel und Erde" meint also das All und das Ganze der Wirklichkeit. Das Credo will sagen: Gott hat schlechterdings alles geschaffen. Aber es fügt sofort hinzu: Gott hat das All der Wirklichkeit in einer bestimmten Ordnung geschaffen. Denn das Große Glaubensbekenntnis deutet die bildhafte Aussage "Himmel und Erde" durch die abstrakten Begriffe "Sichtbares und Unsichtbares". Es unterscheidet damit eine geistige und eine materielle Schöpfungswirklichkeit. Erst beide zusammen machen das Ganze der Schöpfung, das All der Wirklichkeit aus. Zwischen beiden tut sich ein Raum auf, der der Daseinsraum des Menschen ist.

2.1 Die Erde - der Lebensraum des Menschen

Die Erde ist zunächst der Stoff, aus dem Gott Pflanzen und Tiere (vgl. Gen 1,11.24; 2,19) hervorgehen läßt. Aus ihr ist auch der Mensch genommen; zu ihr kehrt er wieder zurück (vgl. Gen 2,7; 3,19); sie muß er unter Mühsal und im Schweiß
Seite 105 Seite: 106 Seite 107