Band I - Zweiter Teil Jesus Christus
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3. Jesus Christus - der Mensch gewordene Sohn Gottes

3.1 Jesus Christus - unser Bruder

Die kraftvolle, ansprechende und in vielem so neue Verkündigung Jesu und sein Aufsehen erregendes Auftreten, vor allem seine Wundertaten, führten schon damals und führen bis heute zu der Frage: Wer ist dieser? Viele Antworten wurden gegeben: der wiederauferstandene Johannes der Täufer, der wiedergekommene Elija, einer von den Propheten (vgl. Mk 6,14-15; 8,28). Wie wir gesehen haben, ist die Liste der Antwortversuche inzwischen noch viel länger geworden. Entscheidend ist freilich nicht, was die Leute über Jesus sagen; Jesus fragt seine Jünger, jeden von uns: "Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" (Mk 8,29).

Sicherlich werden wir zuerst sagen müssen: Jesus ist ein Mensch, ein wirklicher Mensch wie wir alle. Die Evangelien beschreiben ihn in seiner ganzen Menschlichkeit: Er wird von einer menschlichen Mutter geboren, wächst und reift heran, erlernt ein Handwerk, hat Hunger und Durst, wird versucht, wird müde, stellt Fragen, empfindet Mitleid, er freut sich an anderen Menschen, besonders an den Kindern, er wird aber auch zornig über die Hartherzigkeit der Menschen, er hat Angst und leidet Schmerzen und stirbt schließlich am Kreuz. Er ist ein Mensch mit Leib und Seele. Er hat die Höhen und Tiefen des Menschseins durchlebt und durchlitten. Er ist unser Bruder (vgl. Joh 20,17; Röm 8,29; Hebr 2,11). Der Hebräerbrief faßt das Zeugnis der Evangelien zusammen:
"Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat." (Hehr 4,15)
Er war uns also als Mensch in allem gleich, die Sünde allein ausgenommen. Im Unterschied zu allen anderen Menschen stand er nicht unter dem Gesetz der Sünde. Er war vielmehr ganz offen für den Willen des Vaters und für den Dienst an den Menschen. Er sagt von sich, er sei "nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen" (Mk 10,45). Er
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