Band I - Dritter Teil Das Werk des Heiligen Geistes
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am Ende alle Menschen in sein Reich heimholen würde - auch diejenigen, die sich definitiv gegen ihn entschieden haben -, die Freiheit und damit die Würde des Menschen noch gewahrt? Gerade wenn wir "nicht von vornherein mit einer Versöhnung und Entsühnung für alle und für alles rechnen können, was wir tun oder unterlassen", greift diese Botschaft immer wieder verändernd in unser Leben ein und bringt Ernst und Dramatik in unsere geschichtliche Verantwortung (vgl. Gem. Synode, Unsere Hoffnung I,4).

Man muß die Aussagen der Heiligen Schrift über die Ewigkeit der Hölle freilich richtig verstehen. Nicht umsonst handelt es sich dabei um Mahnreden; sie haben eine ermahnende und zur Entscheidung herausfordernde Funktion. Es sollen dem Sünder die Konsequenzen seines Tuns vor Augen gehalten werden, nicht damit er bestraft werde, sondern damit er umkehre und so zum ewigen Leben finde. Deshalb wird weder in der Heiligen Schrift noch in der kirchlichen Glaubensüberlieferung von irgendeinem Menschen mit Bestimmtheit gesagt, er sei tatsächlich in der Hölle. Vielmehr wird die Hölle immer als reale Möglichkeit vor Augen gehalten, verbunden mit dem Angebot der Umkehr und des Lebens. So verstanden soll die Hölle den Ernst und die Würde der menschlichen Freiheit vor Augen führen, die zu wählen hat zwischen Leben und Tod. Gott achtet die Freiheit des Menschen, er zwingt seine beseligende Gemeinschaft keinem Menschen gegen dessen Willen auf. Die Heilige Schrift läßt auch keinerlei Zweifel daran, daß es Sünden gibt, die vom Reiche Gottes ausschließen (vgl. 1 Kor 6,9-10; Gal 5,20-21; Eph 5,5; Offb 21,8). Es geht also in unserem Leben um eine Entscheidung auf Leben und Tod. Die Heilige Schrift sagt uns freilich nicht, ob jemals ein Mensch sich tatsächlich in letzter Endgültigkeit gegen Gott entschieden und damit den Sinn seines Daseins endgültig verfehlt hat.

Das Wesen der Hölle wird uns in der Heiligen Schrift in Bildern ausgedeutet. Wenn dort vor allem vom Feuer der Hölle die Rede ist, dann ist dies nicht in einem grob-realistischen Sinn zu verstehen; schon gar nicht darf man an sadistische Quälereien denken. Aber auch ein rein geistiges Verständnis wird der Aussage der Schrift nicht gerecht. Im Bild wird vielmehr eine Realität viel tieferer Art ausgesagt. Es handelt sich um das verzehrende Feuer, das Gott in seiner Heiligkeit für das Böse, die Lüge, den Haß und die Gewalttat ist (vgl.
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