Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Auch Paulus sah sich in der heidenchristlichen Gemeinde von Korinth veranlaßt, gegen ein Gemeindemitglied vorzugehen, das sich durch eine schwere sittliche Schuld (Blutschande) versündigt hatte. Paulus fordert die Gemeinde auf, in Übereinstimmung mit seinem eigenen Urteil den Übeltäter aus der Gemeinde auszuschließen (1 Kor 5,1-13).

Diese neutestamentlichen Zeugnisse machen deutlich, daß die Freiheit der Kinder Gottes nicht "gesetzlos" ist. Die Verkündigung und Bezeugung des Glaubens, die Gestaltung des sittlichen Lebens und das Zusammenleben in der Gemeinschaft brauchen Regelungen.

Seit frühester Zeit gibt es in der Kirche die Festlegung von Glaubenswahrheiten sowie die Orientierung des christlichen Lebens in ethischen und rechtlichen Regeln. Diese Praxis der Kirche, neben Glaubenswahrheiten auch Orientierungen für das sittliche Verhalten festzustellen und Rechtsregeln aufzustellen, ist begründet im Lehr- und Hirtenamt.


Die Aufgabe, durch rechtliche Regelungen für das Gemeinwohl der Kirche Sorge zu tragen, legt der Kirche eine große Verantwortung auf. Sie hat auch für ihren Bereich jene Regel zu beachten, die das Zweite Vatikanische Konzil in der Erklärung über die Religionsfreiheit für jede Gesellschaft einschärft. Es "soll in der Gesellschaft eine ungeschmälerte Freiheit walten, wonach dem Menschen ein möglichst weiter Freiheitsraum zuerkannt werden muß, und sie darf nur eingeschränkt werden, wann und soweit es notwendig ist" (DH 7).

Wenn eine kirchliche Vorschrift ihren Sinn nicht mehr erfüllt und nicht mehr dem Aufbau der kirchlichen Gemeinschaft dient, ist sie - vorausgesetzt, daß sie nicht zur unaufgebbaren Substanz des Glaubens gehört - durch die zuständige Autorität zu ändern bzw. aufzuheben.

Wer sich kirchlichen Geboten und Weisungen versagt und meint, er könne sich eigenmächtig über sie hinwegsetzen, mißachtet nicht nur die der Kirche verliehene Vollmacht, sondern schadet ihrem Gemeinwohl.

4.3. Gebote der Kirche

Wie jede Gemeinschaft, muß auch die Kirche ihr Gemeinschaftsleben ordnen. Sie tut dies im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Sendung. Unter den Weisungen und Normen des christlichen Lebens gibt es einige, die ein Mindestmaß der Teilnahme am Leben der Kirche sichern wollen. Aus Predigt, Katechese
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